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Identitäre Politik - Determinatio est negatio

25/04: Into My Arms

Die Produktion ist unmittelbar auch Konsumtion. Doppelte Konsumtion, subjektive und objektive: das Individuum, das im Produzieren seine Fähigkeiten entwickelt, gibt sie auch aus, verzehrt sie im Akt der Produktion, ganz wie das natürliche Zeugen eine Konsumtion von Lebenskräften ist. Zweitens: Konsumtion der Produktionsmittel, die gebraucht und abgenutzt werden und zum Teil (wie z.B. bei der Feurung) in die allgemeinen Elemente wieder aufgelöst werden. Ebenso Konsumtion des Rohstoffs, der nicht in seiner natürlichen Gestalt und Beschaffenheit bleibt, die vielmehr aufgezehrt wird. Der Akt der Produktion selbst ist daher in allen seinen Momenten auch ein Akt der Konsumtion. Aber dies geben die Ökonomen zu. Die Produktion als unmittelbar identisch mit der Konsumtion, die Konsumtion als unmittelbar zusammenfallend mit der Produktion, nennen sie produktive Konsumtion. Diese Identität von Produktion und Konsumtion kommt hinaus auf Spinozas Satz: Determinatio est negatio.

Ethnisierung - Konsumption von "Identität"

The film documentary was a catastrophe from its inception. Even as far back as the Lumière brothers’ work, the facticity of nonfiction film has been crushed under the burden of ideology. A film such as Workers Leaving the Lumière Factory functions primarily as an advertisement for industrialization—a sign of the future divorced from the historical forces which generated it. In spite of its static camera and the necessary lack of editing, the function of replication was lost, because the life presented in the film was yet to exist for most. From this point on, the documentary proceeded deeper into its own fatality. A film such as Elephant Processions at Phnom Penh became the predecessor of what we now think of as the cynical postmodern work. The documentary went straight to the heart of colonial appropriation.

Seit 2010 entstehen filmische Porträts, sogenannte „soziokulturelle Profile“ (sp. perfiles socioculturales), in Zusammenarbeit mit Vertreterinnen und Vertretern der an dem Programm beteiligten indigenen Gruppen. Das filmische Porträt der Movima trägt den Titel: Perfil sociocultural de la nación movima (dt. „Soziokulturelles Profil der Nation Movima“) und hat eine Dauer von knapp 19 Minuten. Das Video ist Teil einer ganzen Reihe von Materialien, die in den letzten Jahren im Rahmen von Kampagnen zur Revitalisierung von Sprache und Kultur in Zusammenarbeit mit Vertreterinnen und Vertretern der indigenen Movima erarbeitet wurden. Das Video ist eine audio-visuelle Repräsentation dessen, was als Essenz von Geschichte und Kultur die Besonderheit und Einzigartigkeit einer indigenen Gruppe charakterisieren soll und eignet sich damit besonders gut die mediale Vermittlung und Inszenierung ethnisierender Inhalte genauer zu betrachten.

Auch wenn es sich hier ohne Zweifel um Dokvideos handelt, die eher dem linken Spektrum zuzuordnen sind, die in wohlmeinender Absicht erstellt wurden, zeigen sie besonders gut die Fallstricke, Probleme und die letztlich nicht ernsthaft belegbaren Ansätze essentialistischer und identitärer Vorgehensweisen. Im Falle der Videos kann von einer schablonenartigen Erzählung gesprochen werden, die zusätzlich durch das Format des Dokumentarfilms, was in der Regel immer essentialisierende Ansätze mitbringt, verstärkt wird. Insbesondere ist fraglich, ob die Absicht der Identitätsbildung durch essentialistische Formate und Narrative überhaupt eine reale "Identität" greifen kann. Also ist die Frage letztlich gestellt, die Frage die über unserer gesamten Artikelfolge zu den Movima in Bolivien kreist: Ist Identität etwas Essentialistisches oder etwas Dynamisches und Wandelbares? Die Ergebnisse, die wir im Projekt zum bolivianischen Tiefland gesammelt haben, sind in gewisser Weise natürlich eine Laborsituation, deren Ergebnisse sich auf viele weitere Aspekte abstrahieren lassen. Da viele dieser Überlegungen, um die Frage nach der Rolle von Indigenen als "Hüter" der Natur kreisen und wir uns im Amazonasgebiet befinden, dürfte diese Frage auch für Strategien und Taktiken hinsichtlich einer Klimapolitik nicht unwichtig sein. Gibt es eine "Identität", die aus sich selbst eine ökologische, "identitäre" Einstellung mitbringt?

Der Titel des Videos gibt einen ersten Eindruck, welchen Anspruch die nachfolgenden Darstellungen gerecht werden sollen. Es soll ein soziokulturelles Profil der „Nation der Movima“ angelegt werden. Dem plurinationalen Staatskonzept wird mit der Bezeichnung „Nation Movima“ Rechnung getragen. Inhaltlich lässt sich das Video grob in drei thematische Bereiche unterteilen: 1. eine mythologische Erzählung der Herkunft der Movima, 2. eine historische, sozio-ökonomische und politischen Verortung und 3. eine Darstellung der Grundlagen kulturellen Wissens und kultureller Praktiken früher und heute.

Zunächst setzen wir uns aber mal auf die Plaza in Santa Cruz

Bolivien - Mittags auf der Plaza von Santa Cruz de la Sierra.

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Seit drei Tagen bin ich nun in Bolivien, in Santa Cruz de la Sierra, der Tiefland-Metropole von Bolivien. Die im 20. Jahrhundert rasant gewachsene und mittlerweile größte Stadt Boliviens hat aus touristischer Perspektive nichts zu bieten und dient dem Schwarm häufig als Ausgangspunkt für Touren ins Umland, beispielsweise nach Samaipata, dem Amboró Nationalpark oder auch zu den Jesuiten-Missionen im Tiefland. So sind die fremden Gruppisten auch meist im kolonialen Zentrum in einem der vielen Cafés und Restaurants in der Nähe der Plaza Principal oder genauer der Plaza 24 de Septiembre anzutreffen. Allzu lange scheint hier niemand zu bleiben.


Auf dem Platz hinter der Kathedrale haben heute zwei Blasorchester-und Tanzgruppen aus dem Hochland aufgespielt. Auch wenn Hoch- und Tiefland Boliviens politisch, sozial, ökonomisch und kulturell unterschiedliche Welten und deren Bewohner sich nicht selten spinnefeind sind, wird in Santa Cruz auf einen regen kulturellen Austausch Wert gelegt.


Ecuador 1 : Bolivia 0


Nun wir sind in Südamerika. Da müssen wir das laufende Programm selbstverständlich kurz für eine Fussballübertragung unterbrechen. Viel Spass. Wir schalten ins Estadio Olímpico Atahualpa in Quito, Fernandez, wie sieht es denn aus vor 15.000 Zuschauern?


Zusammenfassung für Gringos (wg. Barrierefreiheit):


Äh, ja - da flog der Kondor schon mal weiter, was man von der equadorianischen Schwalbe nicht behaupten kann, 34. Minute, gut ich mein war ja auch nur ein "Freundschafts"spiel, zurück ins Studio. Hier gibts das Matchsheet

Eine Frau aus Santa Cruz sprach mich bei dieser Gelegenheit an:

"Ein Heilige, eine Heilige unermessliches Gold soll ihr zu Ehren nach La Paz gebracht werden."

"Wie bitte?"

Sie beginnt wild zu gestikulieren, fährt mit den Händen über ihren Kopf und Körper, deutet damit an, wo die Heiligenfigur überall geschmückt werden soll. Ihre Augen blicken mich dabei starr an. Es wirkt beinahe wie ein irrer Tanz. "Ja Signora, stellen sie sich vor, alles voller Gold. Da kostet doch schon die Bewachung ein Vermögen, 20 Sicherheitsleute und mehr brauchen sie, nur um die Heilige zu bewachen."

Oh nein dachte ich bei mir, nicht schon wieder so eine Touristennummer bei der am Ende ein Obolus für die "spannende" und "einzigartige" Geschichte fällig wird, die wahrscheinlich aus einem drittklassigen Reiseführer stammt. Was darf es diesmal sein, wird es wieder El Dorado, oder das etwas weniger bekannte El Paititi. Die Goldreiche der Inka, der Maya, der Azteken, oder irgendeines anderen Volkes antikes Reich. Erzählungen in den verschiedensten Varianten, sowohl im Hoch- als auch im Tiefland, nicht nur in Bolivien. Typischerweise wird die Legende vom El Dorado im Tiefland mit einem sagenumwobenen Goldreich irgendwo in Amazonien verbunden. El Dorado, was schon die spanischen Eroberer faszinierte und seit dem 16. Jahrhundert zu immer neuen Expeditionen in die Region veranlasste. Gefunden haben sie nichts, weshalb immer noch gesucht wird.

Und dann ging es los:"Ganz weit von hier irgendwo im Tiefland ....."

Nachdem wir etwas geplaudert hatten, plauderten wir weiter. Es ist schon erstaunlich, wie weit verbreitet und fest verankert im kulturellen Gedächtnis die Legende von El Dorado oder auch El Paititi ist.

Aber dabei blieb es nicht, gleichzeitig wurde ich eindringlich vor meiner geplanten Fahrt in den Norden gewarnt: "Dieses Gold ist nicht zu haben, denn dort leben die Kannibalen." Ja, ich solle mich vorsehen, es sei dort sehr gefährlich. Die Kannibalen leben entweder als Wilde, abseits jeglicher Zivilisation oder und das schien die Frau noch mehr zu faszinieren, sie leben als ganz normale Menschen mitten unter uns.

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Ich sah mich auf dem Platz um ... wer mag Kannibale sein, vielleicht sind sie ja auch als Touristen getarnt, der typische Flip-Flop Look mit Rucksack und irgendwas von Adidas könnte ja eine perfekte Tarnung sein. Vielleicht die beiden Militärpolizisten, oder die ganze Kapelle, da zwei Aimara mit der unvermeidbaren Panflöte, dem Umhang. Man täte der musikalischen Szene Bolivien aber unrecht, wenn man dies zur verbindlichen Folklore erklärt. Die Spanier dort drüben, sie sind jedenfalls die best gekleideten und offensichtlich wohlhabendsten auf dem ganzen Platz, oder doch nicht, hm - dort, der sieht eigentlich ziemlich gemischt aus - und der erst, fast wie Maradonna in jungen Jahren, muss wohl "Argentinier" sein, wie der Papst, der aussieht, wie ein Belgier. Oh, Mexikaner, die erkennt man gleich, halten sich für was Besseres, weil sie den Gringos in den USA in den Arsch kriechen, hier dann mit Dollars wedeln, siehe dort, das kann eigentlich nur eine Gruppe von Ethnologen aus Österreich sein, Ethnolog:innen meine ich, bewegen sich so kenntnisreich, jo, die sind wirklich kreidebleich, einige knallrot, die Sonne - was soll man machen... einen Araber mit seiner Frau in weiten verhüllenden Gewändern, so einen echten Scheich, den würde ich hier mal gerne sehen, die sind eine echte Rarität. Juden sieht man seit 1648 auch nicht mehr, da haben sie in Brasilien eine Synagoge eröffnet - und wieder geschlossen, als die Niederländer nach Amsterdam gingen, na, ja - die Jesuiten hatten nicht nur was gegen Indigene, wie der Name schon sagt. Das bunte Treiben kann schon ziemlich schräg werden, wenn man sich so manche Gesichter mit aufblitzenden Zähnen und heraustropfendem Blut vorstellt. Aber nein, ich hatte keine Lust mir meine Stimmung eintrüben zu lassen

"Du kannst sie nicht erkennen, wenn du es bemerkst dann haben sie dich schon, an das Gold kommt niemand heran. Sie leben auch als Angestellte bei den Reichen, aber die fressen sie nicht, weil man sie dann sofort erkennen könnte." "Eat the Rich, why not" dachte ich laut. "Wenn sie aber blutige Steaks sehen, dann können sie sich kaum beherrschen, dann kommt ihre wahre Natur zum Vorschein, sie schlingen es herunter. Werden sie von den Hausherren in die Stadt geschickt, um Fleisch vom Markt zu bringen, dann kommen sie immer mit weniger zurück, als sie bekommen haben".

Die Kannibalen-Geschichten sterben ebenso wenig aus, wie die Geschichten von einem gelobten Land.

So eine eindringliche Schilderung zur Mittagszeit auf der Plaza von Santa Cruz zu hören hat mich doch verwundert. Warum erwischt es eigentlich immer mich. Ich habe die ganze Zeit damit gerechnet, dass ich jetzt noch Geld oder Zigaretten für die gute Unterhaltung abgeben soll, aber nichts dergleichen.

"Ich bin Rina", sagte sie, "Hast du einen Stift?". Ich gab ihr einen Kugelschreiber, "Gib mir deine Hand", sie fasste mein Handgelenk und drehte die Handfläche nach oben. Ich war auf alles gefasst, auch, dass sie den Kuli, wie einst die Römer den Nagel in Jesus, oder Joe Pesci in Casino überall hin, in die Handfläche rammt, das Blut trinkt, bevor sie die Hand abreisst und wegrennt. Sie schrieb mir ihre Handynummer, E-Mail-Adresse auf "Ruf an - du kannst in meinem vegetarischen Restaurant 'El Dorado' reservieren, mache die beste Sopa de maní und meine Cuñapés kennen alle - sie lecken sich die Finger!! Buy, Buy, Gringa! Ha, Ha, Ha. Viel Glück auf deiner Reise."


Welch ein Guerilla Marketing - man muss sich eben zu helfen wissen. Im 'El Dorado' habe ich dann zu Mittag gegessen. Das Essen war einfach vorzüglich - und menschenfrei!

Hier noch einige einführende Quellen zum Thema El Dorado/ El Paititi mit Schwerpunkt auf die Region:

Block, David (1994): Mission Culture on the Upper Amazon: Native Tradition, Jesuit Enterprise and Secular Policy in Moxos, 1660-1880, Lincoln: University of Nebraska Press

Denevan, William M. (2001): Cultivated Landscapes of Native Amazonia and the Andes. Oxford: Oxford University Press. Dougherty Bernard y Horacio A. Calandra

Ertl, Hans (1956). Paititi: Ein Spähtrupp in die Vergangenheit der Inkas, Anden-Amazonas-Expedition 1954/55. München: Nymphenburger Verlag

Levillier, Roberto (1976): El Paititi, El Dorado y las Amazonas. Buenos Aires: Emecé Editores

Meggers, Betty J. (2001): The Continuing Quest for El Dorado: Round Two. In: Latin American Antiquity, Vol. 12, No. 3, 304-325

Meggers B.J. (2003): Natural Versus Anthropogenic Sources of Amazonian Biodiversity: the Continuing Quest for El Dorado. In: Bradshaw G.A., Marquet P.A. (eds) How Landscapes Change. Ecological Studies (Analysis and Synthesis), vol 162. Springer, Berlin, Heidelberg

Nicol, Andrew (2009). Paititi: The Last Secret Of The Incas? A Critical Analysis Of The Legends Surrounding The Lost Inca City Of Gold. In: International Journal of South American Archaeology

Silverman, Helaine und Isbell, William H. (Hg.) (2008): Handbook of South American Archaeology. Springer, New York

Tyuleneva, Vera (2003). La leyenda del Paititi: versiones modernas y coloniales. En: Revista Andina Nº36

Tyuleneva, Vera (2012). El Paititi en los Llanos de Mojos.. En: Diego Villar e Isabelle Combès (comps.). Las tierras bajas de Bolivia: miradas históricas y antropológicas. Santa Cruz de la Sierra: El País. 2012, 35-61

Die erste Einstellung nach dem Vorspann zeigt einen Mann mit Angelschnur auf einem Boot sitzend. Es ist der Erzähler, der durch den Film führen wird, Herlan Rojas Ros- sel.187 Herlan Rojas Rossel stellt sich als indigener Movima vor und unterrichtet die Rezipienten, dass er nun von der Geschichte und Kultur seines Volkes erzählen wird (APCOB 2010: 00:45). Die nächste Einstellung zeigt die in Santa Ana verehrte heilige Familie, bestehend aus der Schutzpatronin des Ortes Santa Ana, San Joaquín und deren Kind, die Jungfrau Maria. Damit beginnt eine längere Sequenz über die mythologische Herkunft der Movima, die den Zwischentitel Mito de Origen Movima (dt. „Mythos der Herkunft der Movima“) trägt (APCOB 2010: 00:59–03:13).

Produziert wurden die Videos von der Nichtregierungsorganisation APCOB (Apoyo Para el Cam- pesino Indígena del Oriente Boliviano), im Rahmen der Implementierung des Programms EI- BAMAZ zur interkulturellen und mehrsprachigen Erziehung. An der Finanzierung und Realisa- tion waren das bolivianischen Erziehungsministerium (Ministerio de Educación del Estado Plu- rinacional de Bolivia), der finnische Staat und UNICEF beteiligt. Alle fünf Videos sind abruf- bar unter: http://www.youtube.com/apcob#p/u. Der erste Teil des Videoporträts der Movima ist abrufbar unter http://www.youtube.com/apcob#p/u/47/q0ulJi_EH1M, der zweite Teil unter http://www.youtube.com/apcob#p/u/46/44CfMAR3Ons (letzter Abruf: 28.09.2011). Herlan Rojas Rossel war ebenfalls ein enger autochthoner Mitarbeiter in dem Sprachdokumentationsprojekt „Documenting Movima“ und wird häufig als erfahrener und interessierter Informant in Fragen von Sprache und Kultur der Movima zur Mitarbeit aufgesucht. Darüber hinausgehend ist Herlan Rojas Rossel in verschiedenen indigenen Interessensvertretungen aktiv.

Nur den gesprochenen Text des Erzählers betrachtend, handelt sich hierbei um eine stark verkürzte Version der Wanderungserzählung der Movima und Gründung von Santa Ana. Demnach sollen San Joaquín und Santa Ana in einer weit zurückliegenden Zeit (sp. antiguamente) einen Ort zum Leben für ihre Kinder, die Movima gesucht haben. Lange wanderten die Movima durch den Wald und die Pampa, so der Erzähler, trafen auf andere indigene Gruppen, deren Sprache sie nicht verstanden und kamen nach Exaltación, wo sie auf die Cayubaba, einer benachbarten indigenen Gruppe trafen, mit denen sie zunächst zusammen ein gemeinsames Dorf gründeten. Die Cayubaba aber wollten die Movima versklaven, so dass sich die Movima erneut auf die Suche nach einem für sie geeigneten Lebensraum begaben und nach einer weiteren Station nach San Lorenzo kamen und diesen Ort besiedelten. Als sie einen Stier und einen Hahn auf der anderen Seite des Flusses Yacuma hörten, überquerten sie den Fluss und bevölkerten den Ort, wo sich heute Santa Ana del Yacuma befindet. Auf der visuellen Ebene beginnt und endet die Sequenz durch Einstellungen auf die Schutzpatrone des Ortes in der Kirche von Santa Ana. Auffallend an der visuellen Umsetzung der Wanderungserzählung der Movima in dem Video ist die Verwendung von Archivmaterial zur bildlichen Darstellung der Wanderung selbst. Sehr wahrscheinlich, den Angaben im Abspann des Videos folgend, handelt es sich bei diesen Bildern um Aufnah- men, die bei einer oder mehreren Araweté-sprachigen Gruppen Brasiliens entstanden sind. Im Video selber wird kein Hinweis auf das Dargestellte oder die Quelle der Darstellung gegeben.188 Menschen sind zu sehen, die scheinbar mit einfachsten Mitteln und mit wenig Kontakt zur Außenwelt in einer dschungelartigen Wildnis leben, wenig bekleidet sind und ihr Hab und Gut auf dem Rücken tragend mit sich führen. Zu den mitgeführten Gegenständen gehören unter anderem Pfeil und Bogen, sowie geflochtene Körbe, aber auch Töpfe aus Stahl, Äxte, Hängematten und ein Gewehr. Die Aufnahmen der Araweté wechseln sich ab mit aktuellen Aufnahmen aus Santa Ana, wie Landschaftsaufnahmen oder Einstellungen auf die Schutzpatrone Santa Ana und San Joaquín, sowie San Lorenzo. Der mythologischen Erzählung über die Herkunft der Movima folgen einige geographi- sche und sozio-demographische Angaben. Demnach leben die Movima vorwiegend in der Provinz Yacuma. Unter anderem werden als die wichtigsten comunidades neben Santa Ana noch Desengaño, Exaltación und Perú aufgezählt und die Bevölkerungsgröße der Movima wird mit 11.000 angegeben (APCOB 2010: 03:15–03:45).

Visuell sind die Informationen mit abwechselnden Einstellungen unter anderem auf den zentralen Platz von Santa Ana, Straßenszenen aus Santa Ana oder einer idyllisch wirkenden Dorfstraße mit Bick auf ein traditionelles Haus mit einem Dach aus Palmblättern (motacú) unterlegt. In der folgenden Sequenz wird die indigene Sprache thematisiert (APCOB 2010: 03:51–04:34). Schulkinder in einem Klassenraum sind zu sehen, die Movima lernen. Die Zuschauer erfahren in diesem Abschnitt, dass die Sprache der Movima das Movima ist, eine Sprache, die mit keiner anderen Sprache verwandt ist und dass sie heute untereinander nur wenig gesprochen wird, so dass die Sprache verloren geht. Um das zu verhindern, so der Erzähler, wird nun Movima in den Schulen unterrichtet, weil die Kinder großes Interesse zeigen mehr über ihre Sprache und Kultur zu erfahren.

Der nun folgende historische Abschnitt über die Geschichte der Movima (APCOB 2010: 04:34–6:34) beginnt in der Zeit vor Ankunft der Spanier und endet mit der Gründung von Santa Ana als Jesuitenmission. Vor Ankunft der Spanier bewohnten die Movima demnach ein ausgedehntes Territorium, welches sie sich mit anderen indigenen Gruppen teilten, wie den Mojeños. Visuell ist der erste Abschnitt dieser historischen Darlegung von verschiedenen Aufnahmen der Flüsse in der Region geprägt und von Menschen, die sich auf den Flüssen bewegen (APCOB 2010: 04:34–04:55). Ab dem 17. Jahrhundert, dem Erzähler weiter folgend, begannen die jesuitischen Missionare in der Region Missionen zu gründen. Zu dieser Zeit, sollen die Movima fast 20.000 Angehörige gezählt haben, die in kleinen Populationen oder Sied- lungen verstreut im Wald oder der Pampa lebten. Die erste Mission, zu der die Movima gebracht wurden, war Exaltación, wo die Movima mit den Cayubaba zusammen lebten. Anschließend wurde die Mission von San Lorenzo gegründet. Die Movima akzeptierten die Mission nicht, da sie es bevorzugten weiterhin im Wald als Jäger, Fischer und Sammler zu leben. Die Jesuiten gaben San Lorenzo auf und gründeten die Mission später an einem anderen Ort erneut, mit Namen Santa Ana. In diesem Abschnitt dominieren christliche Symbole auf visueller Ebene mit Einstellungen auf zwei Kreuze, die auf zwei Plätzen in Santa Ana stehen, auf den in der Stadtchronik erinnerten Gründer von Santa Ana, den Jesuiten Fray Baltazar Espinoza und auf eine Kirchenglocke des Kirchturms von Santa Ana das Geschehen. Die Zeit der Missionen ist darüber hinaus durch mehrere Illustratio- nen aus einem Werk mit dem Titel Album de paisajes, tipos humanos y costrumbres de Bolivia, 1841–1869 (Mercado 1991) bildlich dargestellt, auf denen Menschen in Missionsgewändern zu sehen sind.

Mit dem folgenden Abschnitt werden die indigenen Vertretungen vorgestellt (APCOB 2010: 06:50–08:47). Demnach lebten die Movima in früherer Zeit in kleinen Familien- verbänden und hatten in ihren comunidades einen Anführer, der auf Movima eno:na genannt wurde und der heute als Kazique bekannt ist. Das heutige Cabildo Indigenal Mo- vima in Santa Ana ist während einer Versammlung zu sehen und der Kazique, [XXhier Limaica?XX], kommt zu Wort. Er bringt zum Ausdruck, dass die indigene Sprache die Zugehörigkeit zum Cabildo Indigenal markiert. Die nächste Einstellung zeigt eine Gruppe von sechs Personen, die als das neu gegründete Consejo de Ancianos Hablantes del Idioma Movima (CADIMO) vorgestellt wird (APCOB 2010: 07:24–07:54). Der Erzähler ist Teil dieser Organisation, welche von den älteren Movima (sp. movimas mayores) gegründet wurde, die mehr über die Vorfahren (sp. antepasados) und der eigenen Kultur wissen, so der Erzähler. Das Consejo soll vor allem die Aufgabe haben, die eigene Kultur zu bewahren, so der Erzähler. Als dritte indigene Organisation wird die Subcentral del Pueblo Indígena Movima (SPIM) erwähnt und bei einer Versammlung gezeigt (APCOB 2010: 07:57–08:46). Die SPIM wird als politische Interessensvertretung der Movima beschrieben, die zur Wahrung der eigenen Interessen gegenüber dem Staat gegründet wurde. Zu Wort kommt an dieser Stelle Juan Gualima Dolea, Vorsitzender des Consejo de Ancianos Hablantes (APCOB 2010: 08:13–08:47). Juan Gualima Dolea spricht von einem großen Wandel, der darin besteht, dass zwei unterschiedliche Professionalisierun- gen nun miteinander koordiniert werden können, eine akademische und eine indigene, die hier als profesionalización natural bezeichnet wird (APCOB 2010: 08:43–08:47). Der Erzähler fährt im folgenden Abschnitt mit einer Schilderung der Lebensgrundlage der Movima früher und heute fort (APCOB 2010: 08:48–11:22).

Demnach lebten die Movima an den Ufern der Flüsse, weil sich seine Vorfahren vor allem dem Fischfang widmeten. Die Herstellung von Pfeil und Bogen zum Fischfang wird gezeigt. Während früher Fischen, Jagen und Sammeln noch bedeutend waren, soll heute vor allem die kleinbäuerliche Landwirtschaft die Lebensgrundlage der Movima sichern. Einige wichtige Anbauprodukte werden aufgeführt, darunter Yucca. Es wird die Herstellung von chivé aus Yucca dargestellt und beschrieben, ein Produkt, für das die Movima weiträumig bekannt sein sollen. Viele Produkte, die früher in eigener Produktion hergestellt wurden, werden mittlerweile käuflich erworben, so der Erzähler. In der anschließenden Sequenz kommt eine Frau, Clemencia Onarri zu Wort, die per Untertitel als Artesana Movima, als Kunsthandwerkerin der Movima vorgestellt wird (APCOB 2010: 11:10–12:36). Clemencia Onarri zeigt die Gewinnung von Totora-Schilf zur Herstellung traditioneller Strohmatten und stellt einige medizinale Pflanzen vor. Der Erzähler führt mit einer Beschreibung der sozio-ökonomische Grundlage der Movima heute fort (APCOB 2010: 12:39–14:01). Es werden die Materialien vorgestellt, mit denen traditionellerweise die Häuser gebaut werden und es wird die Zulieferung von Ziegeleien in Santa Ana mit Feuerholz und Sand als Betätigungsfeld der Movima dargestellt. Im Unterschied zu früheren Zeiten soll es heute für die Movima schwierig sein, sich die natürlichen Ressourcen nutzbar zu machen, da große Ländereien heute für die Viehzucht genutzt werden und den Movima damit der Zugang zu diesen Territorien versperrt ist. Um ihren Lebensunterhalt zu sichern, arbeiten die Movima deshalb heute auch als Hilfsarbeiter in der Viehzucht. Die anschließende Sequenz (APCOB 2010: 14:00–16:35) hebt sich von den vorange- gangenen Sequenzen und Einstellungen deutlich ab, ähnlich der Darstellung der Wan- derungserzählung der Movima am Anfang des Videos.

Dem Erzähler folgend konnten sich die Movima bis in die heutige Zeit einiges an traditionellem Wissen erhalten, unter anderem einen Kult an die Vorfahren. Demzufolge wird vor dem Fischfang, oder aber auch bevor das Land bestellt wird, mit den Wesen oder Geistern (sp. espíritus) im Wasser beziehungsweise der Erde kommuniziert, damit diese einen guten Fang beziehungsweise eine gute Ernte sichern. Die nächsten Einstellungen bestehen erneut aus älteren Archivauf- nahmen, die in schwarz-weiß gehalten sind und sehr wahrscheinlich nicht aus der Region stammen. Die ersten Einstellungen zeigen einen Mann, der ein Palmenblatt schwenkt, gleichzeitig steigt Rauch auf. Eine weitere schwarz-weiß Aufnahme ist eine Nahaufnahme von dem Gesicht eines Mannes, der eine dünne Pfeife oder ähnliches zum Mund führt, Rauch inhaliert und ausatmet. Begleitet werden diese Bilder von den Erläuterungen des Erzählers. Demnach haben die Movima in ihren comunidades Schamanen (sp. chamanes), deren Funktion es ist Krankheiten zu heilen und die Menschen zu schützen. Kräuter, Alkohol und Tabak sollen dabei der Kontaktaufnahme mit den Geistern (sp. espíritus) dienen. Am Ende des Videos wird erneut auf die Arbeit der Subcentral verwiesen, die sich dafür einsetzt, dass weitere der 26 comunidades der Movima einen Rechtstitel als indigenes Gemeinschaftsland, als sogenanntes Tierra Comunitaria de Origen (TCO), erhalten (APCOB 2010: 16:35–17:18). Wichtig, so der Erzähler, sei letztendlich, dass ihre Kultur nicht verloren geht, sondern für die Kinder erhalten werden kann. Die letzten Einstellungen zeigen wie zu Beginn des Videos Herlan Rojas Rossel, den Erzähler, der durch das Video geführt hat, wie er sich von dem Boot erhebt und sich auf Movima für die Aufmerksamkeit der Zuschauerinnen und Zuschauer bedankt, mit der diese den Schilderung über seine Kultur und von seinen Vorfahren gefolgt sind.

Analyse: Identität und Interpretationsdrift

Die Fragen, die sich aus einer Betrachtung des Videos ergeben sind vielfältig. Dem Video liegt uneingeschränkt die Vorstellung zu Grunde, es mit einer in sich geschlossenen und nach außen, von anderen Bevölkerungsgruppen klar abgrenzbaren indigenen Gruppe, der „Nation Movima“, zu tun zu haben. Diese Aussage wird mit jeder Sequenz und nahezu mit jeder Einstellung unterstrichen. In einer Bestätigung dieser Aussage, in einer Verfestigung und Versubjektivierung dieser sozialen Ordnung, die von der naturgegebenen und daher nicht zu hinterfragenden Existenz klar abgrenzbarer indigener Gruppen ausgeht, besteht die eigentliche Botschaft des Videos. Unter Berücksichtigung der übrigen vier Videoproduktionen zu den Takana, Mosetén, Tsimane’ und Cavineño aus dem 190 Erneut wird während der Einblendung der Aufnahmen kein Verweis auf die Quelle genannt. Im Abspann des Videos wird als archivalische Quelle neben dem Zentrum zur Dokumentation der Araweté noch auf ein Archiv zur traditionellen Medizin der Waunana verwiesen. Im Tiefland von Bolivien wird der Eindruck noch verstärkt, mit einer deutlich ethnisierenden Repräsentation indigener Bevölkerungsgruppen konfrontiert zu sein. Das Video wird damit als Teil und als Instrument einer ethnisierenden Identitätspolitik betrachtet. Daran anknüpfend sollen in der Analyse nun folgende Punkte vorrangig herausgearbeitet werden: Welche Aussagen werden über eine mögliche kollektive Identität der Movima auf ethnischer Basis getroffen? Was für eine gemeinschaftsbildende Narration oder „Basisnarration“ der „Nation Movima“ wird mit dem Video erzählt? Welche Bausteine einer ethnischen Identität lassen sich erkennen? Sind diese Bausteine durch ihre Inhalte oder ihre Form geprägt und lassen sie sich im Sinne wiederkehrender Module in Prozessen der Ethnisierung insgesamt beobachten? Wenn sich in der Analyse herausstellen sollte, dass eine ethnisierende Darstellungsweise vorliegt, welche mediale Strategie liegt dieser dann zugrunde? Um die aufgeworfenen Fragen und die bereits getroffenen Annahmen erörtern zu können, soll zunächst das vorliegende mediale Format genauer betrachtet werden.

Das filmische Format

Während auf der einen Seite eine deutlich Botschaft in dem Video angelegt ist, nimmt die mediale Umsetzung des Themas auf der anderen Seite eine weitgehend indifferente Form an. Eine eindeutige Zuordnung zu einer bestimmten Filmgattung oder einem Genre ist nur schwer möglich und nicht sinnvoll.191 Da es sich in diesem Fall um ein filmi- sches Medium handelt, dass den Anspruch erhebt reale Geschehnisse abzubilden, scheint eine Einordnung in die Gattung des Dokumentarfilms naheliegend. Eine eindeutigen Begriffsdefinitionen der Gattung Dokumentarfilm oder dokumentarischer Film und der die Gattung charakterisierenden Genres oder Stilrichtungen liegt allerdings nicht vor. Im Falle des Dokumentarfilms wird im Gegensatz zum Spielfilm auch von einem nicht-fiktionalem Film gesprochen. Das Kriterium der Nicht-Fiktionalität ist allerdings nur begrenzt von analytischem Wert und darüber hinaus problematisch. Es suggeriert einen, dem Dokumentarfilm vom Wesen her zugrunde liegenden, Reali- tätsgehalt und verleiht dem Gezeigten so Autorität. Während sich die Rezipienten beim Spielfilm von vornherein darüber im Klaren sind, es mit einer fiktiven Inszenierung zu tun zu haben und im Normalfall davon ausgehen, dass von den Protagonisten, über das Set und die Handlung alles gestellt ist, wird beim dokumentarischen Film genau das gegenteilige Verhältnis zwischen realen Geschehnissen und filmischer Repräsentation als Normalfall angenommen und von den Rezipienten erwartet, nämlich Authentizität. Da es die eine, objektive Wirklichkeit niemals geben kann, ist eine Definition des do- kumentarischen Films schwer. Es haben sich zahlreiche Unter- und Nebenkategorien in der Bezeichnung von filmischen Formaten gebildet, die oft nicht mehr miteinander gemeinsam haben, als dass sie in irgendeiner Art und Weise mit realen Geschehnisse zu tun haben. Unterscheidungen nach Gattungen oder Genres, die Begriffe werden zum Teil synonym verwendet, sind nicht immer eindeutig zu treffen. Die Bestimmung der Filmgattung richtet sich grundsätzlich nach verschiedenen Verwendungsformen des Mediums (Rother 1997: 141). Der Begriff Genrefilm wird häufig abgrenzend zum Autorenfilm eingesetzt und verweist auf stereotype Formen des Erzählens und Darstellens, welche die Prozesse der Produktion, Distribution und Rezeption regulieren (Müller 1997: 141).

Die Zuordnung zur Gattung Dokumentarfilm oder dokumentarischer Film ist für eine nähere Bestimmung des vorliegenden Videos demnach wenig aussagekräftig. Ein charakteristisches Merkmal des vorliegenden Videos ist wie bereist erwähnt, seine indifferente Form. Es ist ein filmisches Format, dass den Anspruch erhebt, Realität abzubilden. Es verwendet zur Informationsvermittlung in erster Instanz eine narrative Strategie, darauf wird noch zurückzukommen sein, und die vorhandenen deskriptiven Anteile an der Vermittlung sind der Narration untergeordnet.192 Es bedient sich dazu verschiedenster gestalterischer Mittel, unter anderem der Simulation. Ganze Sequenzen lassen sich als nichts anderes, denn fiktionale Inszenierungen beschreiben. Es handelt sich um Situationen, die eigens für das Video geschaffen wurden. Wie bereits angedeutet, besagt das Attribut fiktional oder nicht-fiktional nichts über den Realitätsbezug einer Sache. Ein Spielfilm kann, obschon es sich um eine reine Simulation handelt, näher an der Realität sein als ein Dokumentarfilm und auf der anderen Seite kann ein Dokumentarfilm, obschon er reale Menschen in realen Umgebungen zeigt, weiter weg von der Realität sein als ein Spielfilm oder ein Experimentalfilm. Das Video bedient damit das Genre der Dokufiktion. Fiktive Inszenierungen kultureller Überlieferungen gehen in Darstellungen zeitgenössischer Praktiken und Lebensweisen über. Die Übergänge zwischen Fiktion und Dokumentation heutiger Geschehnisse und sozialer Situationen sind dabei häufig fließend. So fällt die Repräsentation der Wanderungserzählung der Movima zu Beginn des Videos (siehe APCOB 2010: 00:59–03:13) am ehesten in den Bereich der Dokufiktion.

Ein anderes Beispiel, in dem die fließenden Übergänge zwischen der rein fiktionalen Rekonstruktion kultureller Überlieferung mit scheinbar dokumentarischen Aufnahmen gegenwärtiger Praktiken eine Fusion der Genres erzeugen, ist in der Sequenz zur Darstellung rituellen Wissens gegen Ende des Videos zu sehen (siehe APCOB 2010: 14:00–16:35). Auf diese beiden Sequenzen wird weiter unten im Rahmen einer inhaltliche Analyse der einzelnen Sequenzen noch einmal detaillierter Bezug genommen.

Der problematische Umgang mit fiktionalen Rekonstruktionen im vorliegenden Video ist jedoch nur ein Aspekt unter mehreren, die es nicht angeraten erscheinen lassen, das Video als Dokumentarfilm oder Dokumentation zu bezeichnen. Unter Einbeziehung der Produktions- und Adressatenfrage lässt sich das vorliegende Video besser als Lehrfilm und darüber hinausgehend, je nach kontextueller Verwendung, als Werbe-, Propaganda- oder Imagefilm einordnen. Zur weiteren Spezifizierung des Genres kann gegebenenfalls noch der populärwissenschaftliche Film und der anthropologische Lehrfilm zur Klassifizierung herangezogen werden. Während die Dokumentation dahin streben sollte Perspektivität, vielstimmige Betrachtungsweisen einzufangen, um damit nicht zuletzt die immer vorhandene Subjektivität der Autorenschaft und der Protagonisten kenntlich zu machen, erhebt der Lehrfilm den Anspruch institutionalisiertes, damit normativ abgesich- tertes Wissen zu vermitteln und ist der Werbefilm, oder in diesem Fall vielleicht treffender der Imagefilm, von der Intentionalität geprägt, das „Produkt“ von seiner bestmöglichen Erscheinung her zu repräsentieren. Widersprüchlichkeiten, Mehrdeutigkeiten oder Brüche in der Erzählweise sind nicht vorgesehen, sollen vielmehr vermieden werden. Damit wird die Rezeption im vornherein in bestimmbare Bahnen gelenkt.

Sowohl die Kriterien für den Lehr- als auch für den Werbe- oder Imagefilm lassen sich auf das vorliegende Video übertragen. Perspektivität und Subjektivität werden nicht kenntlich gemacht. Im Gegenteil, das Video gibt vor objektiv und authentisch zu sein und das Dar- gestellte, die „Nation Movima“, erscheint in der bestmöglichen Darstellungsweise, was vor allem durch eine kohärente und von störenden Widersprüchlichkeiten befreite Erzählweise erreicht wird. Die beiden Aspekte „Anspruch auf Objektivität“ und „Bereinigung der Erzählung von störenden Widersprüchlichkeiten“ seien an dieser Stelle nur erwähnt und sollen weiter unten noch einmal vertiefend aufgegriffen werden. Das Video selber bleibt zudem weitgehend unbestimmt in der Beantwortung der Frage, wer die Adressaten sind. Hier kann die im Video eingenommene Erzählperspektive hilfreich sein, auch darauf wird noch zurückzukommen sein. In diesem Fall richtet sich die Erzählperspektive durchgängig auf der audio-visuellen Ebene aus einer Innenansicht an die Außenwelt. Da das Video im Rahmen einer Kampagne zur Förderung der bilingualen und interkulturellen Erziehung finanziert und erarbeitet wurde, kommen mit bilingualen und interkulturellen Belangen beschäftigtes Lehrpersonal, Schülerinnen und Schüler, sowie allgemein Bildungs- und Kultureinrichtungen als Adressaten in Frage.

Darüber hinausgehend eignet sich das Video in seiner leicht zugänglichen, thematisch überschaubaren und zeitlich, die Spieldauer betreffend, begrenzten Darstellungsweise ebenso, als Werbe- oder Imagefilm über die „Nation Movima“ zu fungieren, um beispielsweise im Rahmen nationaler oder auch internationaler Aktivitäten und Förderinitiativen zur Darbietung der indigenen Vielfalt des Landes gezeigt zu werden und um auf indigene Belange aufmerksam zu machen.

Der Konstruktionscharakter der einzelnen Sequenzen unterscheidet sich zum Teil deut- lich voneinander. Die Spanne reicht von einer bildlichen in Szene Setzung bis dahin auf einer rein sprachlichen Ebene erinnerter Wissensbestände, also einer eigens für das Video geschaffenen Situation, über die Einblendung scheinbar objektiver historischer Zeugnisse, dokumentarische Interviews, bis hin zu Aufzeichnungen möglichst „natürlicher“ Situationen, also Situationen, die sich auch ohne Kamera und Filmteam so oder so ähnlich abgespielt hätten. Das Video erhebt Anspruch auf Objektivität und Sachlichkeit, indem es sich einer Erzählweise bedient, die scheinbar gesichertes ethnografisches und historisches Wissen dem Publikum präsentiert. Narrative Strukturen in ihrer ganzen Subjektivität und kontextuellen Konstruiertheit werden in letzter Konsequenz als vermeintlich wis- senschaftlich abgesicherte Tatsachen präsentiert.

Video und autoritäre Kodierung

Hier stellt sich nun die Frage, inwieweit dem Medium der Videodokumentation selber die Tendenz inhärent ist, eine dogmatische Form anzunehmen und jede Art von Wider- sprüchlichkeit zu untergraben. Eine in diese Richtung hin kritische Auseinandersetzung mit dem Format des Dokumentarvideos stammt von einem Zusammenschluss medien- und gesellschaftskritischer Künstler/innen, Publizistinnen und Publizisten, dem Critical Art Ensemble (CAE).194 In dem Kapitel „Video and Resistance: Against Documentaries“ aus ihrer Publikation „The electronic Disturbance“ (CAE 1994) findet sich eine überden- kenswerte Kritik an konventionellen Formaten des Dokumentarvideos. Die Kritik läuft darauf hinaus, dass dem Dokumentarvideo eine totalisierende Erzählstruktur vorgehalten wird, die vielstimmige Interpretationen schon von vornherein, schon von der strukturellen Anlage des Formates her, verunmöglicht. Diese Eigenschaft des Dokumentarvideos wird auf die Anfänge des Mediums selbst, von der Fotografie über die ersten bewegten Bilder, zurückgeführt, als in den, für die damalige Zeit, neuen Medien Technologien zur Abbildung von Wirklichkeit gesehen wurden. Genau dieser aufklärerische Anspruch von Wahrheit, Wissen und die Annahme stabiler empirischer Realitäten soll in dem konventionellen Dokumentarvideo fortbestehen (CAE 1994: 35), mehr noch, in dem Format ist eine Strategie veranlagt, die Vielstimmigkeit untergräbt:

„The documentary’s uneasy alliance with scientific methodology attempts to exploit the seeming power of science to stop the drift of multifaceted interpretation. Justifiably or not, scientific evidence is incontrovertible; it rests comfortably under the sign of certitude. This is the authority that the documentary attempts to claim for itself. Consequently, documentary makers have always used authoritarian coding systems to structure the documentary narrative“

Das Critical Art Ensemble wurde 1987 in den USA gegründet. Nach eigener Darstellung ist das CAE ein Kollektiv von fünf Medienkünstlern unterschiedlicher Spezialisierungen, die sich mit einer Erforchung der Schnittstellen zwischen Kunst, kritischer Theorie, Technologie und politischem Aktivismus beschäftigen (vgl. http://www.critical-art.net/). Das CAE setzt sich mit der eigenen Kunst und in zahlreichen Aktionen und Publikation insbesondere kritisch mit neuen Technologien auseinander und erarbeitet kritische Medien- und Gesellschaftstheorien. Das CAE macht damit in der Struktur des konventionellen Dokumentarvideos ein „autori- täres Kodierungssystem“ aus, das unter dem Deckmantel wissenschaftlicher Beweisführung verborgen ist. Dieses Kodierungssystem ist so strukturiert, dass jedes einzelne Bildzeichen (engl. image) den Eindruck erweckt, ursächlich mit dem vorhergehenden Bildzeichen verbunden zu sein. Damit ist die Bedeutung des einzelnen Bildzeichens bereits durch das Vorangestellte vorweggenommen und die Interpretation in bestimmte Kanäle geleitet. Die narrative Struktur gibt damit die mögliche Interpretation der Bildzeichen vor und schließt alternative Interpretationen aus. Eine vorgegebene „Interpretationsmatrix“ (engl. interpretative matrix entsteht, die die Erzählung nicht nach dem wissenschaftlichen Prinzip der Kausalität strukturiert:

„Establishment of causality between the images renders a seamless effect and keeps the viewers’ interpretive flow moving along a predetermined course. The course ends with the conclusion prepared by the documentary maker in constructing the causal chain of images, offering what seems to be an incontrovertible resolving statement“ (CAE 1994: 41).

Im Falle des vorliegenden Videos sind die vom Critical Art Ensemble beschriebenen Effekte einer linearen Kette kausal aneinander gekoppelter Bildzeichen zu beobachten. Die Ebene der Reflexion ist weitgehend kanalisiert, da jedes einzelne Zeichen scheinbar logisch auf dem vorherigen aufbaut. Unvorhergesehenes, Brüche und Widersprüche sind dabei nicht vorgesehen. Eine narrative Struktur leitet die Zuschauer durch den Film und die einzelnen Einstellungen, die scheinbar auf, von autoritärer und institutioneller Seite, abgesichertes Wissen fußt. Die Vorstellung einer in die Geschichte zurückreichende und in die Zukunft weisende Identität „der Movima“ wird somit zu einer scheinbar stabilen empirischen Realität, scheinbar bewiesen durch die Autorität der Vorfahren, der „Alten“ und der indigenen Institutionen, aber auch der Monumente, historischen Dokumente, der Geschichtsschreibung und einer emischen Perspektive des Erzählens.

Damit unterbindet das autoritäre Kodierungssystem nicht nur Vielstimmigkeit, sondern beansprucht eine Definitionshoheit für sich, die eine geschlossene, essentialisierte Erzählung erschafft. Dieser Analyse weiter folgend ergibt es Sinn, wie zu Beginn der Besprechung des vorlie- genden Videos, nach einer zusammenführenden Botschaft zu fragen oder besser gesagt, das Material dahingehend zu untersuchen, in welches abschließende Statement sich die Aneinanderreihung von Bildzeichen auflösen lässt. Bei einer Beschäftigung mit Ethnizität und Ethnisierung stellt sich darüber hinaus unweigerlich die Frage, wessen Statement das Video repräsentiert. Handelt es sich um eine Selbst- oder um eine Fremdrepräsen- tation und wie stehen Botschaft und Repräsentation zueinander in einem Verhältnis. Einschränkend muss bei der Interpretation jedoch immer bedacht werden, dass ein Film erst in dem Moment des Betrachtens entsteht. Betrachtung und Rezeption sind damit ebenso kontextabhängig wie die Entstehung des Films selber. Diese doppelte Historizität muss berücksichtigt werden.

Die verschiedenen Realitätsebenen des Bildes

Die Feststellung einer doppelten Historizität, der Gegenstände und ihrer Betrachtungs- weisen,196 verweist auf die Frage, welche verschiedenen Realitätsebenen konstitutiv sind für einen Film aber auch eine Fotografie, oder anders ausgedrückt, innerhalb welcher Realitäten ein Film vermittelt (Hohenberger 1988: 28). Der Informationsgehalt eines Bildes beschränkt sich im Grunde nie auf den abgebildeten Gegenstand, sondern weist über diesen hinaus. Michael Wiener folgend ist ein „Über-sich-hinaus-weisen“ im Vergleich zu anderen Abbildungsverfahren eine wesentliche Eigenschaft insbesondere der Fotografie (Wiener 1990: 18) und es lässt sich erweitern des Films, als bewegte Bilder. Das Foto verweist eindrücklicher als andere Abbildungsverfahren auf Realität, zumindest auf einen Ausschnitt von Realität zum Zeitpunkt der Abblichtung, da das Foto und auch der dokumentarische Film einen Beweischarakter für sich in Anspruch nehmen. Sie beweisen, dass sich vor der Kamera eine bestimmte Situation so und nicht anders abgespielt hat. (vgl. Wiener 1990: 18). Den Entstehungs- und Rezeptionskontext berücksichtigend un- terscheidet Wiener nun drei Positionen voneinander, zwischen denen sich der Kontext entfaltet: 1. der Position des „Operators“ als die fotografierende Person, 2. der Position des „Spektrums“ als das fotografierte Objekt und 3. der Position des „Spektators“ als den Betrachter des Spektrums (Wiener 1990: 19). Diese drei Positionen treffen zu einem ganz spezifischen Zeitpunkt aufeinander, so dass der je- weilige individuelle und zeitgeschichtliche Kontext deren Beziehung zueinander bestimmt. Das Wechselspiel zwischen „Operator“ und „Spektrum“ im Moment der Entstehung eines Bildes, hier bezogen auf den Entstehungsmoment eines fotografischen Portraits, ist Michael Wiener folgend nun durch vier imaginäre Größen bedingt: „Der Photographierte ist zugleich der, für den er sich hält; der, für den er gehalten werden möchte; der, für den der Photograph ihn hält; und der, dessen der Photograph sich bedient, etwas vorzu- zeigen“ (Wiener 1990: 19).

Damit sind zu unterscheidende Wahrnehmungs- und Interpretationsebenen benannt, die dem späteren Abbild, teilweise bewusst und teilweise unbewusst, durch die an der Entstehung beteiligten individuellen Akteure in einem spezifischen historischen Moment eingeschrieben sind. Das Wechselspiel zwischen den einzelnen Wahrnehmungsebenen ist dabei selten widerspruchsfrei, insbesondere dann, wenn die Interessen nicht miteinander in Einklang stehen und die Akteure mit sehr unterschiedlichen habituellen Dispositionen ausgestattet sind. Das kann zum Beispiel der Fall sein, wenn das Verhältnis zwischen Abgelichteten und Ablichtenden von einem deutlichen Machtgefälle geprägt ist, wie es für die nahezu gesamte kolonialzeitliche und frühe ethnografische Fotografie der Fall ist. Neben dem Entstehungskontext entfaltet der Rezeptionskontext eine weitere Realitäsebene einer Abbildung, die ebenfalls an einen spezifischen individuellen und zeitgeschichtlichen Kontext gebunden ist.

Eva Hohenberger unterscheidet auf den Dokumentarfilm übertragen ebenfalls unter- schiedliche Realitäten des Films, die sich mit den bisherigen Aussagen Wieners zur Fotografie vergleichen lassen. Hohenberger unterscheidet ebenfalls zwischen einem En- stehungskontext, der Produktionsseite, und einem Rezeptionskontext, denen sie jeweils mehrere Realitäten zuordnet: eine nichtfilmische Realität, eine vorfilmische Realität, die Realität Film, die filmische Realität und die nachfilmische Realität (Hohenberger 1988: 28–29). Als „nichtfilmische Realität“ wird die alltägliche Realität bezeichnet, die unabhängig vom Film existiert und diesem zeitlich vorausgeht. Sie gibt zum einen die Grenzen des überhaupt Abbilbaren vor und enthält zum anderen mehr als der Film abbilden kann. Die nichtfilmische Realität fließt in die Filmproduktion so auf mehreren Ebenen ein. Sie bestimmt den individuellen und zeitgeschichtlichen Zugang der Filmema- cher zu ihrem Gegenstand, die Filmemacher wählen aus der alltäglichen Realität das aus, was sie zeigen wollen und arbeiten mit Blick auf die Rezeptionsrealität gleichzeitig auf die nichtfilmische Realität hin (Hohenberger 1988: 29). Die „vorfilmische Realität“ bezeichnet die Realität im Moment der Filmaufnahme, also die konkreten Dreharbeiten, während mit „filmischer Realität“ der fertige Film gemeint ist und mit „nachfilmischer Realität“ die Rezeption des Films und seine Rückwirkungen auf die nichtfilmische, alltägliche Realität. Zusätzlich wird mit der „Realität Film“ die technische und institutionelle Ebene eines Filmes benannt, Finanzierung, Organisation, Schnitt, Labor, aber auch Verleih oder Werbung einschließend (Hohenberger 1988: 30).

Ikonographie der erzählten Welt

An dieser Stelle sollen die wichtigsten ikonographischen Bausteine herausgearbeitet werden, mit denen die Geschichte der „Nation Movima“ erzählt wird. Wie bereits ange- sprochen ist die im Film entworfene erzählte Welt von einer in sich geschlossene narrativen Struktur geprägt, es wird damit eine starke Diegese produziert.197 Die Erzählung bezieht sich zwar auf Geschehnisse außerhalb des Mediums Film, folgt in ihrer Erzählweise jedoch weniger der vorfilmischen Realität, was zumindest der Anspruch eines Dokumentarfilms wäre, als einem narrativen Text, der erst mit der filmischen Erzählung selber entworfen wird. Die Abfolge der Ereignisse ist chronologisch strukturiert und die einzelnen Bildzeichen schließen nahtlos und kausal aneinander an. Die Stimme des Erzählers dominiert deutlich das Geschehen, den Verlauf der Geschichte. Die bildlichen Darstellungen erscheinen, als seien sie dem Gesagten untergeordnet, als seien sie die folgerichtige Umsetzung des Gesagten auf visueller Ebene. Bildliche Darstellung und gesprochener Text gehen eine scheinbar natürliche Einheit ein. Die darin enthaltenen unterschiedlichen Realitäsebenen verschmelzen zu einer einzigen filmischen Realität, die, angereichert durch das Vorwissen der Rezipienten über indigenes Leben, eine spezifische Vorstellung von der „Nation Movima“ vermittelt.

Wie und was wird erzählt?

Kohärenz, Geschlossenheit und Glaubwürdigkeit der erzählten Welt wird im vorliegenden Video insbesondere durch die Art und Weise der Vermittlung der Geschichte, vor allem durch den Modus des Erzählens, erreicht. Herlan Rojas Rossel beginnt mit den Worten den Film: «Hola, mi nombre es Herlan Rojas Rossel, soy movima. Y le voy a contar la historia, la cultura de nuestro pueblo movima» (APCOB 2010: 00:45).198 Mit dieser Eröffnungssequenz wird der Erzähler eingeführt, der die Rezipienten durch den Film führen wird. Der eingeblendete Untertitel weist den Erzähler als „Indígena Movima“ aus. Der Erzähler wendet sich aus der Perspektive des auktorialen Ich-Erzählers an die Rezipienten. Die Rezipienten sehen die erzählte Welt durch die Augen des Erzählers, so erscheint seine Erzählung objektiv, authentisch und wahrhaftig. Die Rezipienten werden direkt angesprochen, was eine persönliche Nähe zwischen Erzähler und Rezipient erzeugt. Es ist ein sich erinnernder Ich-Erzähler, der von einem späteren Zeitpunkt ausgehend die Geschichte „seines Volkes“ erzählt. Er ist allwissend und gleichzeitig Teil der erzählten Welt, was dem Gesagten und Gezeigten zusätzlich Gewicht und Glaubwürdigkeit verleiht. Er weiß wovon er spricht, denn er ist Movima, so die Aussage der einführenden Worte. Seine Identität als Movima verleiht ihm eine scheinbar natürliche Autorität. Ein Movima spricht über „die Movima“. Wer sollte über mehr Kompetenz verfügen die eigene Geschichte zu erzählen und die eigene Kultur zu präsentieren, als eine erfahrene Person, die Teil der dargestellten Lebenswelt ist? Darüber hinaus handelt es sich nicht um irgendeine Person, sondern um einen Menschen fortgeschrittenen Alters, der aus eigener Lebenserfahrung heraus das indigene Leben noch kennt und pflegt, um einen Menschen, der die indigene Sprache noch spricht, und um eine Person, die auf institutioneller Ebene mit indigenen Belangen beauftragt ist. So taucht der Erzähler in der Eröffnungssequenz und in einer weiteren Sequenz als Fischer auf (APCOB 2010: 14:31–14:47), in der Abschlusssequenz verabschiedet er sich von den Rezipienten auf Movima und innerhalb des Videos ist er als Mitglied indigener Organisationen wie dem Consejo de Anciano Hablantes del Idioma Movima (u. a. APCOB 2010: 07:27; APCOB 2010: 08:05; APCOB 2010: 17:05) zu sehen. Die Figur des Erzählers vermittelt so Autorität, Wissen, Zugehörigkeit und Authentizität.

Die erste Sequenz (siehe Tabelle 7.2, Seite 346)200 enthält auf der visuellen Ebene weitere Informationen. Ein Mann sitzt auf einem Boot und geht einer, wie es scheint, alltäglichen Handlung nach, er angelt. Aus dieser scheinbar zufälligen Begegnung ergibt sich eine große Bandbreite an Eindrücken, die indirekt zu Schlussfolgerungen über den heutigen Alltag und die Identität der Movima einladen, zumal die audio-visuellen Informationen in dem Video nicht willkürlich gewählt sind, sondern eine bestimmte Vorstellung über die „Nation Movima“ zu vermitteln suchen. Das Bild des Fischers verweist in diesem Kontext auf eine weit verbreitete stereotype Vorstellung indigener Lebensweise, die von einer einfachen, im Sinne einer wenig technologisierten Produktionsweise handelt und von einem Leben und Produzieren in engem Kontakt mit der natürlichen Umwelt, einem Leben von und mit der Natur, zur Sicherung der Existenzgrundlage in Subsistenzwirtschaft, erzählt. Diese archetypische Vorstellung indigenen Lebens wird im weiteren Verlauf der Erzählung vielfach wieder aufgegriffen. So ist unter anderem davon die Rede, dass in der Regel nur das produziert wird, was zum eigenen Verbrauch nötig ist (APCOB 2010: 10:25–10:32) oder dass die Vorfahren Fischer, Jäger und Sammler waren (APCOB 2010: 08:47–09:39) und es heute schwieriger ist als zu früheren Zeiten die natürlichen Ressourcen für sich nutzbar zu machen (APCOB 2010: 13:17–13:26).

Die zweite Sequenz, in der die mythologische Herkunft der Movima thematisiert wird, bricht mit dem Idealbild einer unberührten indigenen Lebenswelt. Wie bereits an anderer Stelle erörtert, verbindet die Wanderungserzählung, in den heute bekannten Versio- nen, indigene Vorstellungen mit christlicher Symbolik und erfüllt damit insbesondere die Funktion, eine Leerstelle im kulturellen Gedächtnis zu schließen, die der weltliche und christliche Kolonialismus hinterlassen hat. Die „gewusste“ Ge- schichte der Movima beginnt nicht vor Ankunft der Missionare im 18. Jahrhundert. Alles was vor dieser Zeit liegt und vor allem in die Zeit vor der kolonialen Eroberung fällt, entzieht sich dem Wissen, auch dem überlieferten Wissen und kann ausschließ- lich auf einer imaginären Ebene rekonstruiert werden. Insofern ist es konsequent, die Wanderungserzählung visuell mit einer Einstellung auf die Schutzpatrone des Ortes, auf die „Heilige Familie“, bestehend aus Santa Ana, San Joaquín und María beginnen zu lassen. Darin folgt das Video der sehr elaborierten und verschriftlichten Fassung der Wanderungserzählung der Movima und Gründungserzählung von Santa Ana, wie sie von Juan Gualima Dolea erzählt wird, der ebenfalls an dem Video mitgewirkt hat und in späteren Sequenzen mehrfach zu sehen ist. Während für die „gewusste“ Vergangenheit Zeugnisse vorliegen, die visuell in Szene gesetzt werden können, wie in diesem Fall die Statuen der Schutzpatrone des Ortes, fehlen derartige reale Repräsentaten für die Zeit vor der kolonialen und christlichen Eroberung. In dem vorliegenden Video findet die Rekonstruktion der „nicht-gewussten“ Vergangenheit über die Einblendung archivalischer Filmaufnahmen statt, die nicht in der Region entstanden sind, sondern wie weiter oben bereits angesprochen, sehr wahrscheinlich einem Archiv zu Araweté-sprachigen Gruppen Brasiliens entnommen wurden. Es handelt sich bei diesen Aufnahmen demnach nicht um eine historische Quelle zu den Movima, sondern um eine metaphorische Übertragung. Daraus folgernd stellt sich die Frage, welche übertragende Bedeutung der Auswahl in der vorliegenden Montage zukommt? Auch diese Aufnahmen bedienen auf der einen Seite die archetypische Vorstellung von einer unberührten indigenen Lebensweise. Menschen sind zu sehen, die in einem engen Kontakt mit ihrer natürlichen Umwelt zu leben scheinen und nur in sehr begrenztem Umfang über materielle Güter verfügen. Die Aufnahmen gehen auf der anderen Seite noch einen Schritt über diese Aussage hinaus, indem sie auf ein Urbild des „primitiven Naturmenschen“ selbst verweisen, wie es seit dem 19. Jahrhundert über die damaligen Medien, vor allem über anthropologische Abbildungen, Fotografien und begleitende Abhandlungen, Völkerschauen und Expeditions- und Reisebe- richte in der westlichen Welt Verbreitung fand und bis heute einen festen Bestandteil der medialen Vermittlung indigenen Lebens der Amazonasregion Südamerikas darstellt. Auch das Bild des „Naturmenschen“ steht niemals nur für das was es zeigt, in diesem Fall Menschen in einer weitgehend naturbelassenen Umwelt, sondern enthält weitere Bedeutungsschichten, insbesondere über das, was nicht abgebildet ist, über das, wozu es seinen Gegensatz bildet. So ist die Vorstellung, die das Bild des „Naturmenschen“ transportiert, ohne seinen Gegensatz, die „Zivilisation“, nicht denkbar, was für einen sehr ausgeprägten Symbolgehalt dieser Darstellung spricht. Im Rahmen dieses hier besprochenen Videos, so wie in weiteren noch zu besprechenden Primärquellen ist eine Grammtik der Ethnisierung erkennbar, wie Martin Seel anmerkt, sind Bilder immer auch Zeichen.

„Ein fotografisches Bild hingegen wird nicht allein dadurch zum Bild, daß es von den von seinen Gegenständen ausgehenden Lichtreflexen verursacht wurde. Soweit wäre es – das Negativ oder ein Abzug – nichts weiter als ein visuelles Muster. Dieses wird zum Bild, indem es die Verwendung erhält, aus einer Situation auf eine andere Situation zu verweisen“ (Seel 2000: 262).

Die Gegenüberstellung von Natur zu Kultur oder Wildnis zu Zivilisation war immer ein fester Bestandteil kolonialer Wahrnehmung und wird in dieser Sequenz reproduziert. Darüber hinausgehend wird mit Hilfe technischer Verfahren wie Sepia, Farbgestaltung und schemenhafter Bilder der Eindruck einer verklärten Erinnerungs- und Traumsequenz erzeugt. Die getragene Musik aus dem Off unterstreicht diesen Effekt, eines „Entrücktseins“ aus der realen Welt. Zu Beginn der Sequenz öffnet sich ein Tor, dass den Blick auf die christlichen Heiligen in der Kirche von Santa Ana frei gibt, es folgen Archivaufnahmen wenig bekleideter und unter einfachsten Umständen lebender Menschen, die durch einen Urwald wandern und am Ende der Sequenz schließt sich das Tor zu den Heiligen und in die Welt des Mythos wieder. Die Szenen schließen nahtlos aneinander an und bilden wie weiter oben beschrieben eine kausale Kette an Bildzeichen. Ohne das bis zu diesem Punkt von Mission oder Christianisierung gesprochen wurde, wird auf einer übertragenden Ebene von dem zivilisatorischen Fortschritt durch die Christianisierung erzählt. Es entsteht der Eindruck, dass die Movima zunächst ein nomadisierendes „Waldvolk“ waren, bis sie ihre Heimat in Santa Ana gefunden haben. Für den Begriff der Heimat stehen als visuelles Symbol die christlichen Schutzheiligen, die sogenannte „Heilige Familie“. Die Reise in die mythologische Vergangenheit der Movima nimmt damit in der Zeit von Kolonialismus und Christianisierung ihren Ausgangs- und Endpunkt. Während die Abbildungen der Statuen der Schutzheiligen die Verbindung zwischen Mythos und Realität herstellen, bleibt die Darstellung des indigenen Lebens in der mythologischen Zeit und damit in der Zeit vor der kolonialen und christlichen Eroberung konturlos und schemenhaft, so dass davon am Ende nur das Bild des „primitiven Naturmenschen“ bleibt. Auf der einen Seite verspricht die Figur des allwissenden Erzählers den Rezipienten eine authentische, weil selbst gewählte Darstellung der Vergangenheit der indigenen Gruppe, der er sich zugehörig zählt und auf der anderen Seite verlässt die Darstellung der Herkunftserzählung der Movima zu keinem Zeitpunkt den kolonialen Raum und vor allem die koloniale Wahrnehmung. In der kolonialen Wahrnehmung, die bis heute fester Bestandteil der offiziellen und öffentlich inszenierten Geschichtsschreibung in der Region ist, beginnt mit der Christianisierung der autochthonen Bevölkerung durch die Jesuiten ab dem späten 17. und verstärkt im 18. Jahrhundert die historische Zeit, die Zeit der Geschichtsschreibung im Mojos. Alles was vor dieser Zeit liegt ist höchstens Teil einer Eroberungsgeschichte, die mit den ersten Expeditionen in die Region seit dem 16. Jahrhundert ihren Anfang nimmt.202 Die indigene Lebenswelt erscheint ansonsten jedoch als ein geschichtsfreier Raum. Mit der Missionierung beginnt in der offiziellen Geschichtsdarstellung damit vor allem der langsame, zu Weilen verlustreiche und schwierige aber dennoch kontinuierliche Sieg der „Zivilisation“ über die „Wildnis“. Auch das vorliegende Video lässt die offizielle Geschichte, die historische Zeit, mit der Ankunft der Jesuiten im Mojos beginnen. An diesem Punkt ist nicht entscheidend, dass die Herkunftserzählung der Movima christliche Symbole inkorporiert, was, wie bereits an anderer Stelle thematisiert, keinerlei Wertung über die „Authentizität“ des so gewonnenen religiösen Weltbildes zulässt, als vielmehr der Kontrast, der zwischen einer mythologischen und einer historisch verbrieften Zeit sichtbar gemacht wird.

Der Darstellung der mythologischen Zeit folgt in der vierten Sequenz eine Schilderung der historischen Zeit, also der Vergangenheit, wie sie sich außerhalb des Mythos und der Überlieferungen scheinbar tatsächlich zugetragen hat. Die gewählten Einstellungen in dieser Sequenz lassen kaum einen Zweifel an der Richtigkeit der Schilderung zu. So unterstreichen unter anderem Einstellungen auf die Statue des in der offiziellen Stadtgeschichte erinnerten Gründers von Santa Ana del Yacuma, den Jesuiten Baltasar de Espinoza, und fünf Illustrationen, die Menschen in Missionskleidung zeigen, den offiziellen Charakter dieser Geschichtsdarstellung und zementieren in Kontrast zu der zweiten Sequenz in einem weiteren Schritt die Vorstellung von dem zivilisatorischen Fortschritt durch die Christianisierung der indigenen Bevölkerung. Der Kontrast zwischen den wenig bekleideten Menschen, die durch den Urwald ziehen, zu den Menschen in langen Gewändern, der Missionskleidung, könnte kaum größer sein. Es entsteht der Eindruck, die Geschichte der indigenen „Zivilisation“ beginnt mit der Christianisierung. Sie ist der Anker, in der ansonsten unklaren, schemenhaften historischen Identität. An diesem Eindruck, der stark von der visuellen Ebene der Erzählung lebt, kann auch dar gesprochene Text des Erzählers nur wenig ändern, der kurz auf die Zeit vor Ankunft der Spanier eingeht. Hier erfahren die Rezipienten, dass vor Ankunft der Spanier die Movima ein ausgedehntes Territorium bewohnten, welches sie sich mit anderen indigenen Gruppen teilten und zur Zeit der Ankunft der Missionare in der Region fast 20.000 Movima verstreut in kleinen Ansiedlungen im Wald und in der Pampa gelebt haben sollen (APCOB 2010: 04:34–04:57; APCOB 2010: 05:12–05:32). Da weder historische Quellen, noch mündliche Überlieferungen über diese Zeit Zeugnis ablegen, bleibt alleine die unbestimmte Vorstellung von einer vorkolonialen indigenen Herkunft als Fischer, Jäger und Sammler (APCOB 2010: 06:00–06:10; APCOB 2010: 08:47–09:35), die in einem deutlichen Kontrast zu der Zeit der Christianisierung steht, an die noch heute Monumente, Stadtchroniken oder öffentliche Inszenierung wie die Patronatsfeier erinnern. In dem Video wird der Prozess von der mythologischen und schemenhaften Vergangenheit über die Zeit der Christianisierung bis in die heutige Zeit, bis zu dem Angler am Fluss, der die Geschichte seines Volkes erzählt, auf der einen Seite ohne Brüche und Widersprüche als eine kontinuierliche Entwicklung dargestellt, die wie naturgegeben erscheint und die eine alle Zeiten überdauernden stabile ethnische Identität voraussetzt und auf der anderen Seite bleibt genau dass, was diese ethnische Identität charakterisieren könnte konturlos und einer kolonialen Wahrnehmung verhaftet. Aufgrund der erklärenden Erzählweise des Videos ist den Rezipienten ein reflexiver Zugang zu dem Dargestellten zudem erschwert.

Nur an wenigen Stellen werden Brüche in dieser scheinbar kontinuierlichen Entwicklung deutlich. So wird in der dritten Sequenz thematisiert, dass das Movima eine bedrohte Sprache ist und in den Schulen nun Sprache und Kultur der Movima unterrichtet wird, damit dieses Wissen nicht verloren geht: «Nuestro idioma es el Movima [. . . ]. Como ya no hablamos mucho entre nosotros, se está perdiendo. Pero hacemos esfuerzo para que eso no suceda» (APCOB 2010: 03:56–04:14). Es muss also ein Prozess eingesetzt haben, der das Movima als Sprache des Alltags mehr und mehr verdrängt hat. Mögliche Ursachen für diesen Prozess werden nicht genannt. Ein weiteres Beispiel aus diesem Bereich betrifft die Beschreibung der sozialen Lage der indigenen Bevölkerung heute. Das ein Wandel bis in die heutige Zeit. weg von einer als ursprünglich imaginierten indigenen Lebensweise, vorwiegend als Fischer, Jäger und Sammler und in Subsistenzwirtschaft produzierend, stattgefunden hat, wird an einigen Stellen über das Mittel des historischen Vergleichs, indem eine frühere Lebensweise mit einer heutige kontrastiert wird, zwar thematisiert, insbesondere in der sechsten und achten Sequenz, die Prozesse, die diesen Entwicklungen zugrunde liegen bleiben jedoch weitgehend ausgeklammert. So wird in der sechsten Sequenz die scheinbar herausragende Bedeutung des Fischfangs, neben der Jagd und dem Sammeln, zu früheren Zeiten betont, während heute die Landwirtschaft, weiterhin vorwiegend in Selbstversorgung, die Existenzgrundlage bilden soll (APCOB 2010: 08:48–9:52). Es wird die Notwendigkeit angesprochen, heute viele Dinge käuflich erwerben zu müssen, die in früheren Zeiten in eigener Produktion hergestellt wurden (APCOB 2010: 09:35–09:52) oder es wird in der achten Sequenz auf die Bedeutung der natürlichen Ressourcen verwiesen, von denen die Movima heute nicht in gleichem Maße profitieren können wie früher (APCOB 2010: 13.17–13:25). Wenn von „früher“ die Rede ist, meist über Bezeichnungen wie antes und nuestros antepasados, wird damit in der Rezeption die Zeit vor Ankunft der Spanier assoziiert, auch wenn dieser Bezug nur an einer Stelle explizit zum Ausdruck gebracht wird (APCOB 2010: 04:34–04:37). Alles, was über das frühere Leben gesagt und bildlich in Szene gesetzt wird, wie unter anderem die Herstellung von Pfeil und Bogen oder der Fischfang, steht in direkter Verbindung zu den beiden Einstiegssequenzen, die für die Vorstellung von einer in Einklang mit der Natur stehenden indigenen Lebensweise auf der einen Seite und dem Bild des „primitiven Naturmenschen“ auf der anderen Seite stehen. Welche oder ob eine dieser Vorstellung in der Rezeption überwiegt, hat auch mit dem sozialen und kulturellen Hintergrund der Rezipienten und dem Kontext der Aufführung zu tun. Dieses „Früher“, das ein rein imaginiertes „Früher“ ist, wird direkt mit dem „Heute“ verbunden, so dass wiederum der Eindruck von Kontinuität und Geschlossenheit entsteht. Das bis in die Mitte des 20. Jahrhunderts viele indigene Movima über Vieh- und Landbesitz verfügten wird in der Erzählung ebenso ausgeklammert, wie das enorme soziale Gefälle zwischen Indigenen und Weißen in Santa Ana heute. Die kulturelle Herkunft wird betont, während die tatsächliche soziale Lage als Kleinbauern und Hilfsarbeiter im gesellschaftlichen Gefüge deutlich unterbetont wird.

Abschließend soll ein letzter thematischer Komplex besprochen werden, der einen relativ großen Raum in dem vorliegenden Video einnimmt und unter der Bezeichnung „traditionelles indigenes Wissen und Ritual“ zusammengefasst werden kann. Die fünfte, siebte und neunte Sequenz lassen sich diesem Bereich zuordnen . Als indigenes Wissen, das es heute zu bewahren gilt, werden in diesen Abschnitten nun explizit bestimmte kulturelle Bereiche aufgeführt, die die Movima als indigene Gruppe kennzeichnen sollen. Dazu gehören die indigene Sprache (5. Sequenz), Kunsthandwerk und das Wissen um medizinale Pflanzen (7. Sequenz) sowie eine Art von Naturglauben (9. Sequenz). Die indigenen Interessensvertretungen, vor allem das Cabildo Indigenal Movima (CIM) und das Consejo de Ancianos Hablantes del Idioma Movima (CADIMO) werden in der fünften Sequenz als die Bewahrer von Sprache und Kultur der Movima beschrieben. Drei Aspekte werden in dieser Selbstdarstellung der indigenen Vertretungen besonders hervorgehoben. Erstens, die herausragende Bedeutung der indigenen Sprache zur Markierung der eigenen Herkunft, zweitens die Funktion der indigenen Organisationen als Hüter der Tradition und drittens die Anerkennung indigenen Wissens. In einer Interviewpassage bringt der Kazique (CIM) die Relevanz der Sprache als Erkennungszeichen der Zugehörigkeit zu einer indigenen Gruppe zum Ausdruck. «Para que no se pierda eso [el idioma movima, Anm. d. Verf.] siempre nosotros, nosotros hablamos el idioma movima (.) (pues) (.). Nosotros hablamos, toritos sabemos y (1) y (.) cuando hay a veces reunión hay que hablar, (.) el. (.) Es del sector indígena, tiene que (.) dirigir su palabra en el idioma movima. (.) Con eso se caracteriza también el, (.) el del Cabildo Indigenal» (APCOB 2010: 07:01–07:24).203 Diese Passage verweist auf einen Aspekt ethnisierender Identitätspolitik insgesamt in Bo- livien. Sprache dient als das entscheidende Kriterium, nach denen die indigenen Nationen voneinander unterschieden werden. Die jeweilige indigene Sprache markiert dabei nicht nur die Zugehörigkeit zu einer bestimmten indigenen Nation, sondern darüber hinaus die Zugehörigkeit zur indigenen Bevölkerung insgesamt, immer in Abgrenzung zu einer nicht- indigenen Bevölkerung. Sprache ist hier ein rein formales Kriterium, dass in erster Linie nach außen gerichtet Zugehörigkeit absteckt. Tatsächlich verfügen die Mitgliederinnen und Mitglieder des CIM über sehr unterschiedliche Sprachkompetenzen, bezüglich der indigenen Sprache. Die jüngere Generation der Affiliierten, die bis 40-Jährigen und zum Teil bis 50-Jährigen, verfügen in der Regel über höchstens rudimentäre passive und so gut wie keine aktiven Kenntnisse im Movima, sind aber dennoch Teil der Organisation. Bei Versammlungen indigener Interessensvertretungen auf regionaler und nationaler Ebene gehört es dagegen zum Protokoll, dass die Abgesandten eine Grußbotschaft in ihrer jewei- ligen Muttersprache halten. Sprache gilt hier als das authentischste Merkmal indigener Herkunft, so dass der Spracherhalt und die Revitalisierung der Sprache, insbesondere dort, wo die kulturellen Unterschiede zur übrigen Bevölkerung im alltäglichen Leben kaum sichtbar sind, eine zentrale Rolle einnehmen, wie im Falle der Movima.

„Damit man dieses [die Sprache Movima, Anm. d. Verf.] nicht verliert, sprechen wir die Sprache Movima. Wir sprechen, alle können wir [es] und, und wenn es mitunter Versammlungen gibt, muss gesprochen werden. Gehört er zum indigenen Sektor, muss er seine Rede in der Sprache Movima halten. Damit charakterisiert man auch ihn, ihn vom Cabildo Indigenal [Übersetzung d. Autorin]“.

Die indigenen Vertretungen sollen in diesem Rahmen die Funktion als Hüter der Tradition einnehmen.

Diese Funktion wird insbesondere dem 2009 gegründeten Consejo de Ancianos Hablantes del Idioma Movima (CADIMO) zugeschrieben. Der Erzähler, selber als Mitglied im CADIMO in dieser Sequenz zu sehen, benennt dessen Funktion folgendermaßen: «Recientemente (.) conformamos el Consejo de Anciano Hablantes. (1) Que está con- formado (.) por los Movimas mayores. (.) Quienes conocen más sobre los antepasados (.) y nuestra cultura. (4.5) Ellos son los encargados de cuidar (.) que no perdamos nuestra tradición»(APCOB 2010: 07:24–07:53). Deutsche Übersetzung: „Unlängst gründeten wir das Consejo de Anciano Hablantes. Das durch die älteren Movima gebildet wird. Welche am meisten wissen über die Vorfahren und unsere Kultur. Sie sind die Beauftragten darauf zu achten, dass wir unsere Traditionen nicht verlieren werden “. Neben der indigenen Sprache gilt das Alter häufig als Garant für Wissen und Authentizi- tät, wie es in der hier zitierten Passage zum Ausdruck gebracht wird. Bereits der Name des neugegründeten Consejo verweist auf diesen Zusammenhang, der wortgetreu als „Rat der alten Sprecher der Sprache Movima“ übersetzt werden kann. Anciano impliziert an dieser Stelle nicht nur „alt“, sondern auch „weise“ und „lebenserfahren“. Es handelt sich hierbei um ein wiederkehrendes Attribut, mit dem indigenes Wissen belegt wird, als ein Wissen, dass nicht in der Schule, sondern nur über die alltägliche Praxis und die mündliche Kommunikation vermittelt wird. Sprache, Alter und Wissen sind derart miteinander verknüpft, dass ihren Trägern, seien es einzelne Personen oder Institutionen, eine naturgegebene Autorität zugesprochen wird. Mögliche Prozesse und Kontexte, die zu bestimmten Entwicklungen geführt haben, werden in dem vorliegenden Video auch an dieser Stelle ausgeklammert. So wird unter anderem nicht erwähnt, warum neben den beiden älteren und lange etablierten Organisationsstrukturen, dem Cabildo und der Subcentral, im Rahmen der Revitalisierungsbemühungen von Sprache und Kultur eine weitere indigene Institution gegründet werden musste oder auf welche Legitimation sich das Consejo stützen kann. Der dritten Aspekte in der Darstellung der indigenen Vertre- tungen betrifft die Forderung nach Anerkennung indigenen Wissens. Juan Gualima Dolea, der Leiter des CADIMO, drückt diesen Aspekt in einer Interviewpassage folgendermaßen aus:

«Nadie es analfabeto (.) y como todos somos analfabetos. (.) Porque lo que yo conozco, el doctor no lo conoce (.) y lo que el doctor conoce, yo no lo conozco! Así que nadie le pena ser analfabeto y nadie le pena ser profesional» (APCOB 2010: 08:13–08:28). Deutsche Übersetzung: „Niemand ist Analphabet und ebenso wie wir alle Analphabeten sind. Denn das was ich kenne, kennt der Doktor nicht und das was der Doktor kennt, kenne ich nicht [Übersetzung d. Autorin]“.

Indigenes Wissen, das in der angesprochenen Interviewpassage auch als profesionaliza- ción natural bezeichnet wird, wird dem Wissen der gesellschaftlich institutionalisierten Bildungseinrichtungen gegenübergestellt.

In der siebten und neunten Sequenz werden dann einzelne Bereiche traditionellen Wissens dargestellt, wie sie bei den Movima heute noch praktiziert werden sollen. Dazu gehört das Wissen um Kunsthandwerk, wie die Herstellung von Strohmatten, das Wissen um bestimmte Heilpflanzen, sowie eine Art von Naturritual. Während die Bereiche Kunsthandwerk und Heilfplanzen in der siebten Sequenz nicht exklusiv auf die Movima verweisen, da die Herstellung von Strohmatten und der Einsatz von Heilfplanzen zur Linderung bestimmter Krankheitssymptome, wie Erkältungserscheinungen oder Durchfall, im Tiefland von Bolivien insgesamt weit verbreitete Praktiken darstellen, wird in der neunten Sequenz auf einen Bereich indigenen Wissens verwiesen, der kennzeichnend für die Movima sein soll. Dem Erzähler in dieser Sequenz folgend, sollen sich die Movima einiges des traditionellen Wissens ihrer Vorfahren erhalten haben:

„Mantenemos algunos de los conocimientos tradicionales de nuestro pueblo. Cele- bramos el culto a los antepasados. (.) A los dueños del monte, (.) a los animales (.) y a las plantas. [. . . ] En nuestras comunidades tenemos chamanes (.) que son los que mantienen el contacto con los espíritus. (2) Logran este contacto a través de un rito, realizado con hierbas, alcohol y tabaco. (3) Conocimientos que han adquerido mediante la aprendizaje de un chamán major. (3.6) Entre sus funciones está la de curar (.) y proteger a nuestro pueblo“ (APCOB 2010: 14:02–15:36). Deutsche Übersetzung: „Wir bewahren einiges des traditionellen Wissens unseres Volkes. Wir zelebrieren den Kult an die Vorfahren. An die Besitzer des Waldes, an die Tiere und an die Pflanzen. In unseren Dörfern haben wir Schamanen, das sind diejenigen, die den Kontakt mit den Geistern aufrechterhalten. Sie erreichen diesen Kontakt über einen Ritus, realisiert mit Kräutern, Alkohol und Tabak. Wissen das sie mittels der Unterweisung durch einen älteren Schamanen erworben haben. Zu ihren Aufgaben gehört es zu Heilen und unser Volk/Dorf zu schützen“.

Begleitet werden die Ausführungen des Erzählers auf visueller Ebene unter anderem von Aufnahmen, die, wie bereits oben angesprochen, sehr wahrscheinlich älteren Datums sind und nicht aus der Region stammen, sondern einem Archiv zur traditionellen Medizin der Waunana entnommen wurden. Erneut handelt es sich bei diesen Aufnahmen damit nicht um eine historische Quelle zu den Movima, sondern um eine symbolische Übertragung. Während der Erzähler von den heutigen Schamanen der Movima spricht, illustrieren Filmaufnahmen das Gesagte, die aus einem anderen historischen und geografischen Kontext stammen. Die Bilder reproduzieren eine stereotype Vorstellung indianischer Schamanen und indianischer Medizin. Warum wurden keine zeitgenössischen Aufnahmen von Schamanen der Movima zur Illustration herangezogen, wenn es diese doch geben soll in den comunidades? Diese Frage ließe sich nur nach Rücksprache mit dem Filmteam eindeutig beantworten. Organisatorische Gründe könnten ausschlaggebend gewesen sein, warum auf archivalische Quellen zurückgriffen wurde, die nicht bei den Movima entstanden sind. Es könnte aber auch sein, dass zumindest in heutiger Zeit, nur noch wenige Schamanen praktizieren oder diese unerkannt bleiben möchten. So selbstverständlich, wie in dieser Sequenz suggeriert, ist ein irgendwie gearteter Schamanismus in der Region nicht verbreitet, insbesondere nicht dort, wo eine Missionskultur seit dem 18. Jahrhundert das alltägliche und religiöse Leben prägt. In dieser Sequenz wird erneut ein direkter Link zwischen einer imaginierten indianischen Vergangenheit und der heutigen Zeit unter Ausblendung der historischen Entwicklung, des historischen Wandels, der Brüche und Widersprüche gesetzt. Über den spezifischen Vollzug schamanischer Praktiken bei den Movima erfahren die Rezipienten nichts. Die Aussagen und visuellen Repräsentationen in dieser Sequenz bleiben weitgehend inhaltsleer, beziehungsweise so allgemein, dass sie die gewohnten Vorstellungen von „indianischer Spiritualität“ und „traditioneller indianischer Medizin“ bedienen.

Wiederkehrende Motive: Naturglaube (hier schon Grundstimmung, getragene Musk, Vogelflug in Zeitlupe, Geister (hier Besitzer der Wälder), Männer fortgeschrittenen Alters als Schamanen (lokale Spezialisten), Rauch, Tabak, Heilung, Schutz, Visionen, also Rituale einer Motive, die nichtHeilpflanzen, lokale Spezialisten und Rituale sind dabei die festen Größen einer konstruierten „indianischen Medizin“ nimmt die Form eines politischen Symbols an.

Dazu gehören ein Naturglaube (Vogel, getragene Musik, Zeitlupe), Besitzer der Wälder etc. als Jichi in der gesamten Region verbreitet. Männer fortgeschrittenen Alters als Schamanen, Rauch und Tabak. Heilung und Schutz und Visionen. Im Movima ist das Wort Schamane nicht gebräuchlich. Entweder ist auf Movima die Rede von ukwampa oder lawajeschaye:pa, von Hexe/ Hexer (sp. brujo/a) oder Heiler (sp. curandero/a).

Viel eher schient auch hier die indianische Medizin ein politisches Symbol darzustellen. (Knipper 2007) Auch die Wahrnehmung „indianischer Medizin“ hat sich mit der politischen Anerkennung indigener Rechte in vielen Ländern Lateinamerikas und auf internationaler Ebene gewandelt. Vor allem die indigenen Bewegungen seit den 1990er Jahren und allgemein eine Ethnisierung des politischen Raumes in vielen Ländern Lateinamerikas haben zu einer gesellschaftlichen Neubewertung „indianischer traditioneller Medizin“ geführt (Knipper 2007: 217).

Staatsreformen in einigen Ländern Lateinamerikas haben zu einer verfassungsmäßi- gen Anerkennung „traditioneller Medizin“ und Verankerung des Rechts auf Ausübung „traditioneller Medizin“ durch den Staat geführt. An diesem Prozess beteiligt waren und sind internationale Organisationen wie die Weltgesundheitsorganiosation WHO (World Health Organisation) und die Panamerikanische Gesundheitsorganisation PAHO (Pan American Health Organisation), die Programme zur Förderung, Standardisierung und Institutionalisierung „traditioneller Medizin“ weltweit unterhalten.208 „Indianische Medizin“, sei es als Kräuter- und Pflanzenkunde oder auch als spirituelle Heilkunde, gilt nicht selten als ureigenster Ausdruck indianischer Identität und muss nicht selten als eine Art Qualitätsmerkmal für kulturelle Authentizität herhalten. Als solche ist „indianische Medizin“ oder „traditionelle Medizin“ jedoch in erster Linie ein politisches Symbol oder anders ausgedrückt eine politische Konstruktion in Ethnisierungsprozessen. Für Ecuador wird dieser Zusammenhang deutlich von Michael Knipper herausgearbeitet (Knipper 2007). Knipper stellt eine große Diskrepanz zwischen einem offiziellen, sehr homogenen Bild „indianischer Medizin“ in der öffentlichen Wahrnehmung und eines empirisch beobachtbaren, sehr heterogenen Umgangs mit Krankheit und Heilung in der Alltagspraxis der Bevölkerung heraus. Knipper betont dabei die derzeit große politi- sche Bedeutung „indianischer Medizin“ als ethnisches Symbol in Ethnisierungsprozessen (Knipper 2007: 219).

„traditionelle Medizin“ fester Bestandteil eines politischen Ethnisierungsprozesses, för- dert diesen und gewinnt dabei selber an Bedeutung (Knipper 234-235). kultureller Wandel auf globaler Ebene, Schulmedizin berücksichtigt nicht das Individuum, ist unpersönlich, nicht ganzheitlich etc. Im Falle Boliviens erkennt der Staat „traditionelle Medizin“ mit der neuen Verfassung aus dem Jahr 2008 an und verpflichtet sich diese zu fördern und zu schützten. Vor allem die Artikel 35 und 42 der neuen bolivianischen Verfassung sind in diesem Zusammenhang zu nennen. So legt der Artikel 35, II fest, dass das Gesundheitssytem die „traditionelle Medizin“ der Völker einschließt: «El sistema de salud es único e incluye a la medicina tradicional de las naciones y pueblos indígena originario campesinos». Mit Artikel 42, I verpflichtet sich der Staat die „traditionelle Medizin“ zu fördern und garantiert das Recht auf Ausübung „traditioneller Medizin“: «Es responsabilidad del Estado promover y garantizar el respeto, uso, investigación y práctica de la medicina tradicional, rescatando los conocimientos y prácticas ancestrales desde el pensamiento y valores de todas las naciones y pueblos indígena originario campesinos». Außerdem wird mit dem Artikel 42 das Wissen um „traditioneller Medizin“ als geistiges Eigentum der indigenen Nationen geschützt (Asamblea Constituyente 2008: Artikel 35, 42). Ein weiteres Beispiel ist Ecuador, hier wurde die Anerkennung „traditioneller Medizin“ durch den Staat mit der Verfassungsreform von 1998 institutionell festgeschrieben (siehe dazu Knipper 2007). Initiativen internationaler Organisationen wie der WHO und PAHO zur Evaluierung, Standardisierung und Institutionalisierung „traditioneller, komplementärer und alternativer Medizin und Therapie“ reichen in die 1990er Jahre zurück (siehe dazu PAHO 2002). Siehe dazu unter anderem auch: WHO Traditional Medicine Strategy 2002–2005 (WHO 2002); Beijing Declaration on Traditional Medicine 2008 (WHO 2008). „Traditionelle Medizin“ wird von der WHO folgendermaßen definiert: “It [traditional medicine] is the sum total of the knowledge, skills and practices based on the theories, beliefs and experiences indigenous to different cultures, whether explicable or not, used in the maintenance of health, as well as in the prevention, diagnosis, improvement or treatment of physical and mental illnesses. The terms complementary/alternative/non–conventional medicine are used interchangeably with traditional medicine in some countries” (WHO 2000: 1).

Nach Michael Knipper 240, 241 identitätsstiftende Symbole zur sozialen Schließung etnischer Gruppen (244) Der Wandel in der öffentlichen Wahrnehmung und Wertschätzung als indigen definierter kultureller Praktiken Verinnahmung des kulturelle Fremden auch durch positive Diskriminierung (Knipper 240 zu Heilpflanzen)

Die Aufnahmen sind in schwarz-weiß gehalten und Die atmosphärische Grundstim- mung, die in dieser Sequenz vor allem durch eine getragene Flötenmusik, erzeugt wird, ähnelt der zweiten Sequenz, in der die mythologische Zeit thematisiert wird. Eine , eine Zeitlupeneinstellung von einem Vogel, der dicht über die Oberfläche eines Fluss fliegt und schwarz-weiß Aufnahmen traditionelle indianische Medizin als politisches Symbol verklärte Erinnerungs- Traumsequenz, getragene Musik, ein großer Vogel, , in Zeitlupe, schwarz-weiß Aufnahmen, Erzähler als Fischer zu sehen, Visuelle Ebene Erneut Archivaufnahmen, die nicht eine historische Quelle zu den Movima darstellen, sondern eine metaphorische Übertragung. Der Symbolgehalt hier wichtig der Aussage, nicht das Ritual im Speziellen. Tabakherstellung Bei allen Aspekten ist der Symbolgehalt wichtiger als der Inhalt, der Inhalt bleibt konturlos, es sind austauschbare Inhalte. Der Rahmen gibt vor, dass es sich um indigene Lebensweisen handelt oder woher kommt diese Vorstellung? Mit der ersten Szene werden Erwartungen bedient, die mit indigener Lebensweise verbunden werden, mit Urbildern des Indigenen. Dazu gehören: Mythos, Ritual, Naturverbundenheit, Achtung der Natur, Leben im Einklang mit der Natur, die soziale Stellung bleibt deutlich unterbelichtet.Die visuelle Darstellung eine stereotype Idealvorstellung indigener Lebensweise, dem Erzähler folgend, Ritual, Kontakt mit Geistern, Alkohol, Tabak, Pflanzen, hier wird von Heilung und Schutz gesprochen. Es handelt sich hierbei um stereotype Bestandteile einer, wie oben thematisiert, Idealvorstellung indigener Lebensweise.

Zusammenfassung und Ausblick Videoanalyse: Identitätsangebote

Das vorliegende Video erschafft eine nicht zu hinterfragende Wirklichkeit (warum oder wie). Weil sie als nicht hinterfragbar erscheint, werden gleichzeitig die Bestandteile, aus der sie zusammensetzt ist bestätigt. In dem vorliegenden Video werden mögliche Prozesse, die zu bestimmten Entwicklungen geführt haben und deren Kontexte erneut ausgeklammert. Was bleibt ist eine filmische Realität, als ein selbstreferentielles System. Das trifft aber auch für Ethnisierung an sich zu.

Fazit: In dem Video wird der Prozess von der mythologischen und schemenhaften Vergangenheit über die Zeit der Christianisierung bis in die heutige Zeit, bis zu dem Angler am Fluss, der die Geschichte seines Volkes erzählt, ohne Brüche und Widersprüche als eine kontinuierliche Entwicklung dargestellt, die wie naturgegeben erscheint und die eine alle Zeiten überdauernden stabile ethnische Identität voraussetzt.

Obschon mit der ersten Sequenz durch die Einführung des indigenen Erzählers, der die Rezipienten zu einer Reise durch die Geschichte seiner „Nation Movima“ einlädt, die Erzählperspektive eindeutig bestimmt zu sein scheint, lohnt es sich genau an diesem Punkt, Michael Wiener aufgreifend (siehe oben), einen Blick auf den Entstehungsmoment der Bilder zu werfen und nach den darin enthaltenen möglichen Realitäts- Wahrnehmungs- oder Interpretationsebenen zu fragen. Das „Spektrum“ ist die abgebildete Person, in diesem Fall der Erzähler Herlan Rojas Rossel und der „Operator“ ist das Filmteam, insbesondere sind es der Regisseur und der Kameramann. Zwischen diesen Positionen spannen sich nun die unterschiedlichen Realitätsebenen auf, die sich in das spätere Abbild einschreiben. Das sind nach Wiener, zur Erinnerung, vier imaginäre Größen: „Der Photographierte ist zugleich der, für den er sich hält; der, für den er gehalten werden möchte; der, für den der Photograph ihn hält; und der, dessen der Photograph sich bedient, etwas vorzuzeigen“ (Wiener 1990: 19)

Daraus ergibt sich zum einen, dass es sich im Falle des vorliegenden Videos mindestens ebenso um eine Fremd- als um eine Selbstrepräsentation handelt. Über den gesprochenen Text hat der Erzähler noch die meiste Kontrolle, über Schnitt und Montage hat er keine Kontrolle. Zum anderen wird Insbesondere Sprachkompetenz mit Wissen über die indigene Kultur insgesamt gleichgesetzt.

Die visuelle Umsetzung der Wanderungserzählung unterscheidet sich in einem Punkt ganz erheblich von dem gesprochenen Text des Erzählers. Eine wichtige Aussage der Wanderungserzählung ist in allen Versionen, dass die Movima keine „wilden Indianer“ oder „Barbaren“ waren, sondern einen Glauben, ihre Anführer und damit eine soziale Organisation hatten und nicht erst mit der Ankunft der Weißen, der Missionare zivilisiert werden mussten. Die visuelle Repräsentation der Erzählung in dem Video vermittelt durch die montierten Archivaufnahmen von den Araweté (siehe vor allem APCOB 2010: 01:57, 01:26-01:32) eher das Gegenteil und bedient eine, nicht nur im regionalen Kontext sondern durchaus global betrachtet, weit verbreitete Vorstellungen über die indigene Bevölkerung in der Amazonas Region, das Bild des „guten Wilden“.

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Datenschutz und YouTube "Opt-in"

Wir setzen keine Cookies, wir erheben keine Daten, auch keine Statistiken, reiner Hypertext, so wie es sein soll. YouTube ist eingebunden nach DSGVO ohne Cookie, ohne Datenübermittlung, solange sie den orangenen Playbutton sehen, ist dies nur ein Vorabbild des Videos, und es besteht überhaupt keine Verbindung zu Youtube, wir laden lediglich dieses Vorabbild vom sog. Thumbnailsserver. Wenn Sie zu YouTube wechseln, oder wenn sie in ihren Google Accounts eingeloggt sind UND das Video auf unserer Seite starten findet ein Datenaustausch statt. Da sie aber bereits bei google eingeloggt sind, befinden sie sich eh schon in einer Position bei der ständig Daten ausgetauscht werden. Dann werden Cookies durch YouTube und andere Google-Dienste gesetzt. Ein Tracking unterbleibt allerdings. Es werden weniger Nutzerdaten an YouTube gesendet, keine an den Werbedienst DoubleClick. Wir integrieren youtube also mit sog. "Opt-in" - sie klicken zunächst den orangen Play Button, dann wird das Video vorgeladen, danach klicken Sie den roten Button, um das Video zu starten, wenn die dann bei youtube eingeloggt sind findet ein Tracking statt, sind sie nicht eingeloggt, dann bleibt es bei No Data. Dies ist in Chrome das Standardverhalten, wir haben es auch für Firefox etc. implementiert, damit sie nicht unbeabsichtigt ein Video starten, in Firefox würde das Video ansonsten schon direkt nach dem orangenen Button starten. Also: Solange sie das Video auf unserer Seite starten, und nicht bei google eingeloggt sind, findet kein Datenaustausch statt, wechseln sie zu youtube, dann findet ein Datenaustausch statt, auch wenn sie nicht eingeloggt sind.

Hier muss man aber auch mal sagen, dass youtube und damit google sich von allen Anbietern abhebt, da sie sich wirklich bemühen transparent und offen mit den Fragen des Datenschutzes umzugehen. Die personalisierte Werbung ist eben das Geschäftsmodell. Im Grunde ist das alles nur wichtig, wenn sie umfangreiche Accounts bei vielen Netzwerken anlegen, dort auch noch ihre echten Daten hinterlegen und diese Netze dann miteinander verknüpfen. Viele Cookies, die in der Regel gesetzt werden sind reine Session Cookies, die nur der Technik dienen und keinerlei Daten beinhalten, dafür ein Banner zu setzen zeigt mit wem wir es zu tun haben. Bürokraten. Wie auch immer wir setzen gar keine Cookies. Wir haben uns bemüht immer möglichst einfache Wege zu gehen, die ihnen den vollen Genuss ermöglichen, ohne in irgendwelche Datenfallen zu tappen. Diesen Anteil der DSGVO mit Banner und Warnung etc. halten wir für kompletten Schwachsinn. Wir zeigen, wie man es richtig macht. Das Banner etc. klickt eh jeder weg, der nicht völlig paranoid ist, sie gehen mit diesen Cookies auch nur ein sehr geringes Risiko ein, sie können ihren Browser so einstellen, dass alle Daten beim Schließen gelöscht werden, dann starten sie mit einem leeren Browser, und der ganze DSGVO Scheiß ist latte. Es bleibt ein Rätsel, warum nicht die Hersteller der Browser in Haftung genommen werden. Diese Browser sind bewusst auf das sog. Thin Client Modell getrimmt, das bedeutet, der Server entscheidet. Zwingt man die Browserhersteller also diese Fenster zur Welt so zu programmieren, dass die Defaulteinstellungen zunächst alles Blocken, und die Daten nach jeder Session löschen, kann man sich das ganze Theater sparen. Der Browser müsste also zur Datenschutzschaltstelle werden, nicht irgendwelche Websites serverseitig, dann lässt sich das alles auch nicht mehr einfach umgehen. Das ist ein fundamentaler und peinlicher Denkfehler, der sich eigentlich nur mit Lobbyarbeit erklären lässt. Am besten wäre den Browser zu einem FatClient zu machen. Aber das führt hier zu weit. Der Aufwand in der Entwicklung und damit die Kosten für Unternehmen stehen mal wieder in keinem Verhältnis zum Nutzen, weil man nicht über der Browser geht. Wir können es uns leisten den Content kostenlos anzubieten, weil wir andere Finanzierungsquellen haben, aber, Anbieter, die diese nicht haben und guten Content bieten wollen, müssen eben bis zu einem gewissen Grad Daten austauschen, das ist die einzige Währung, die zählt. Also, besser ist es, sie selbst sorgen dafür, dass ihre Daten wenig aussagekräftig sind, die können sie ja übermitteln, dann haben alle was davon. Die EU hat in dieser Frage einen an der Waffel, weil die nicht die individuelle Verantwortung in den Mittelpunkt stellt, sondern paternalistische Webanbieter erzeugt, die den Verbraucher bevormunden sollen, das ist nicht unser Ding. Aber bitte, so wie wir es machen gibt es so oder so keine Probleme und das dämliche Banner bleibt weg. Wir können nichts dafür, wenn jemand auf diese Seite verlinkt, das können wir leider bisher nicht verhindern - wir arbeiten dran. Daher raten wir auch davon ab, einen Link zu setzen. Das hier ist Medienkunst - eine digitale Flaschenpost, die sie ALLEIN UND GANZ PERSÖNLICH FÜR SICH zufällig gefunden haben in den unendlichen Weiten des digitalen Ozeans des Schwachsinns. Sie verlinken ja auch keine Skulpturen oder schmieren sie im Museum mit ihren Kommentaren voll. Festkleben könnt ihr euch ruhig, das ist okay, aber macht das Gerät hinterher wieder sauber.

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