Bisher ist garnichts passiert außer Ukraine. Toll.
Harlan County
Und wie isset? Wer erinnert sich noch an die Kohleschlacht von „Bloody Harlan” ?
Harlan County steht heute im Zeichen der schwarzen Lunge. White Trash und Trumpwähler – als Ergebnis einer Niederlage im Kampf um Arbeit und Arbeitsbedingungen ist nicht irgendwie so über die Leute gekommen. Und böse ist nicht Trump, sondern das, was Trump als neueste Witzfigur hingestellt hat. Das ist eher eine Sache als eine Person. Na, habt ihr euch schon gedacht, war mir klar.
Die Harlan-Kumpel, die haben gekämpft und es blieb ihnen fast nichts außer schwarzen Lungen. Die Menschen dachten Trump hilft ihnen.
Aber wenn der Kohleindustrie geholfen wird, dann heißt dies noch lange nicht, dass es den Kumpels besser geht. Das hatten die vor lauter Arbeitslosigkeit und Hunger glatt vergessen, so etwas aber auch. Doch jetzt wissen sie, es bedeutet, es geht ihnen noch schlechter, sie müssen wieder kämpfen. Mit reduzierter Gesundheit, weil der letzte Kampf in eine Niederlage mündete. So leben sie in Harlan County.
So etwas bringt Typen wie Trump hervor. Und so etwas nutzen Typen wie Trump. Und Typen wie Trump stürzen die Menschen in noch größeres Elend, weil sie mit ihren Hoffnungen spielen und diese verraten. Aber damit kennt sich so mancher Gewerkschafter ja auch bestens aus. Verarschen kann ich mich jedenfalls alleine. Die Erde ist eben rund, und wer lange genug nach Westen geht, kommt im Osten an und hat allerlei gesehen.
New York lange nach Harlan County
Wahrscheinlich gibt es wenige so schlecht eingedeutschte Titel wie „Das Gesetz der Straße“, den deutschen Titel von „Brooklyn’s Finest“.
Im Englischen kann man den Titel nur als böse Ironie, als bodenlosen Zynismus verstehen, denn was unter dem Titel „Brooklyn’s Bestes“ als ein Panoptikum des Verrats an uns vorbeizieht, ist nichts, worauf man stolz sein könnte.
Sicher, die Geschichten von Korruption, Verrat, institutionalisierter Heuchelei und Lügen auf der Ebene der Politik im Zusammenhang mit dem Polizeiapparat sind tausendmal erzählt worden: „French Connection“, „Q&A – Tödliche Fragen“, „Bad Lieutenant(Abel Ferrara)“.
„Brooklyn’s Finest“ gelingt eine Beschleunigung, die eine neue Hoffnungslosigkeit markiert, welche die Grenzen zwischen Gut und Böse nicht nur verwischt, sondern kein Gut mehr zulässt. Im Gegensatz zu Abel Ferraras „Bad Lieutenant“ geht es nicht mehr um den einzelnen durchgeknallten Cop, sondern um epidemische, institutionalisierte Probleme innerhalb des New Yorker Polizei- und Justizsystems, deren Ursachen auf der Ebene der Politik zu finden sind.
Es gibt keine namentlich zu benennenden Täter mehr. Jeder, der an diesem System teilnimmt, wird zwingend in den Abgrund gerissen. Der Täter ist das System selbst. Also muss man sich fragen, wem es nützt. Das ist ganz sicher nicht der einzelne Polizist.
Während in „Brooklyn’s Finest“ ein drastischer und extrem rüder Realismus dominiert, versucht sich „Precious“ in poetischer Verdichtung von Grausamkeiten.
Man kann sich vorstellen, dass, während ihr Vater Precious vergewaltigt, im Haus nebenan das NYPD irgendein Crystal Nest hochnimmt, nur damit sich einer der korrupten Cops das Geld der Dealer in die Tasche steckt.
Gewissensbisse werden weggedrückt, denn es geht um ein neues Haus. Der Schimmel sitzt in jeder Ritze des alten Hauses und die Gesundheit von Sals asthmatischer Frau ist gefährdet.
„In der Lunge ihrer Frauen sind Spuren von Schimmelpilz gefunden worden.“ Eröffnet der Arzt dem tiefkatholischen Polizisten Sal.
Sal, halb wahnsinnig durch die Kluft zwischen religiöser Überzeugung und tatsächlichem Handeln. Sal, tief in einen Sog der Hoffnungslosigkeit gerissen, Sal taumelt schon delirant seinem Ende entgegen.
Precious ist nicht kriminell, sie ist nicht einmal drogensüchtig, sie ist das vollkommene Opfer: Entmündigt, entmachtet, gedemütigt und missbraucht von der eigenen Mutter und dem eigenen Vater. Sie hat nichts anderes im Leben zu erwarten als den nächsten Scheck von der Fürsorge.
Doch Precious hat auch Glück, denn ihr Mathematiklehrer legt ein gutes Wort für sie ein, und als sie zum zweiten Mal von ihrem Vater schwanger wird, landet sie in einem alternativen Bildungsprojekt und erfährt zum ersten Mal, dass sie etwas Wert ist, nur was?
In „Brooklyns Finest“ ist eine der Schlüsselszenen der Moment, in dem der altgediente, ausgebrannte Cop Eddie in den Ruhestand versetzt wird. Sein ganzes Berufsleben hat er im Dreck der anderen gewühlt, ist wohl tausendmal auf Familien getroffen, aus denen auch Precious stammt. Er hat vielleicht sein Leben riskiert und das ein- oder andermal eines gerettet oder gefährdet. Seine Dienstakte ist nicht gut, nicht schlecht – ein normaler Cop in einem unterbezahlten, miesen Job. In dem in jedem Moment aus einem Schokoriegeldiebstahl ein Raubmord werden kann. Seine ganze Laufbahn hat er erlebt, wie gar nichts besser wurde, alles wurde schlimmer, brutaler, einsamer, ärmer – unvorstellbarer.
Nun war sein letzter Tag. Alleine sitzt er einem Beamten gegenüber, gibt seine Waffe und seine Dienstmarke ab, nichts bleibt außer Einsamkeit, außer der letzten Kugel, die er sich selbst in den Kopf schießen will.
An dieser Stelle begegnen sich Cops und Sozialarbeiterinnen, denn ändern können sie mit ihren „Waffen“ nichts. Die Gesellschaft versinkt in beiden Filmen in tiefer Hoffnungslosigkeit. Hin und wieder treibt ein Strohhalm vorbei, an den sich die Menschen für einen Moment klammern können, doch zu groß ist die normative Kraft des Faktischen: Die Macht des Geldes und der Drogen, des Alkohols. So bedeutet in beiden Filmen Menschlichkeit stets beides: Ursache und Ausweg im Drama der Armut. Dies weiß auch Precious, wenn sie mit ihren beiden Kindern am Ende in eine ungewisse Zukunft zieht. Sie weiß längst, dass auch die nächste Generation nur eine Verschärfung erleben wird, denn das Leid, was Precious erlebte, ist ihr Schatten und dieser fällt längst auf ihre Kinder, die zugleich ihre Stiefgeschwister sind.
„Precious“ Fazit:
Precious ist so ungefähr das Gegenteil des sozial ambitionierten „NewBritishCinema“ – es ist kein realistisches politisches Drama à la Ken Loach, sondern böse formuliert der poetisch verdichtete Traum einer besseren Welt durch Sozialarbeit.
Viel zu leicht und einfach scheint Precious die Schicksalsschläge zu ertragen, zu sich zu finden. Eine lineare Abfolge von Ereignissen, die sehr eindimensional dargestellt werden, bilden das Grundgerüst des Films. Precious romantisiert. Die Ursachen für das Elend von Precious werden ausschließlich im familiären Umfeld und in mangelnder Bildung gesehen. Da sind die üblichen Verdächtigen von der engagierten Sozialarbeiterin bis zur idealistischen Pädagogin in der Reformschule – das macht zwar Hoffnung und ist rührend, aber genauso auch völlig verträumt – so verträumt und harmlos wie Precious selbst, jedenfalls wenn man nach den tatsächlichen Konsequenzen einer solchen Bestandsanalyse fragt.
Dennoch – Precious stellt wichtige Fragen, die nach der Zukunft in einer Gesellschaft, die immer dramatischer in Reich und Arm ohne irgendetwas dazwischen zerfällt. Dummerweise erinnert mich Precious an eine Charity-Gala für Superreiche – irgendwie entlastet der Film eher, als nach Konsequenzen zu fragen.
- Regisseur: Lee Daniels
- Drehbuch: Geoffrey Fletcher Sapphire (Autor)
- Mariah Carey Mrs. Weiss
- Lenny Kravitz John
- Mo’Nique Mary
- Paula Patton Miss Rain
- Sherri Shepherd Cornrows
- Angelic Zambrana Consuelo
- Stephanie Andujar Rita
„Brooklyns Finest“ Fazit:
„Brooklyn’s Finest“ erzählt die Geschichte dreier Cops in Brooklyn:
Eddie Dugan hat nur noch ein paar Tage bis zur Pensionierung. Ausgerechnet in seiner letzten Woche muss er einen Neuen anlernen. Tango ermittelt undercover in Brookylns Drogenszene. Sal ist Mitglied eines Spezialkommandos, welches die Umschlagplätze überwacht, um das Drogengeld zu beschlagnahmen. „Brooklyns Finest“ ist ein absolut sehenswerter, böser Cop-Film, der dieses Genre an seine momentan möglichen Grenzen im Mainstream-Kino heranführt.
Kein anderer „Mainstream-Cop-Thriller“ ist derart „rotten“. Man hat den ganzen Film über das Gefühl, es werde niemals Tag, es sei immer finsterste Nacht. Dramaturgisch haben wir ein gleichberechtigtes Dreieck mit den Protagonisten Eddie, Sal, Tango, die sich, ohne es selbst zu bemerken, aufeinander zu bewegen und sich dann auch tatsächlich begegnen.
Dieses Dreieck entwickelt einen Episodenfilm, dessen Zentrum irgendwo im NYPD liegen muss. Insbesondere die verschachtelte Story, die ein namenloses Räderwerk erzeugt, Kettenreaktion auf Kettenreaktion folgen lässt, beeindruckt hinsichtlich ihrer Stringenz, Dynamik und Präzision. Gut und Böse existieren nicht mehr, Gut oder Böse nivellieren sich vor dem Hintergrund des kapitalistischen Existenzkampfes, der nur Verlierer kennt.
Brooklyns Finest macht deutlich: Auch die Cops zählen zu den Verlierern. Ihr Dienst an der Gesellschaft ist durch Korruption und ökonomische Not zur Farce geworden, hat sich verdreht. Es gibt Situationen, in denen Korruption und moralische Verwirrtheit die Form von Selbsthilfe annehmen. Die innere Stimme, die dies in schlechtes Gewissen übersetzt, muss moralisch durch ideologische Muster (u. a. auch Rassismus) zum Schweigen gebracht werden. Und so ist es dann okay Verbrecher nur noch zu verfolgen, um sich selbst zu bereichern.
Da wird ein Mechanismus deutlich, der allen kapitalistischen Polizeiorganisationen früher oder später bevorsteht: Durch knappe öffentliche Kassen und zahlreiche Privatisierungswellen im Sicherheitsbereich entstehen Polizeiorganisationen, die damit beschäftigt sind, sich selbst zu erhalten und zu schützen. Deshalb sind diese Organisationen nicht mehr in der Lage, den eigentlichen Aufgaben nachzukommen. Solche Polizisten und Polizeiorganisationen lassen uns Bürger im Stich und liefern uns der Gewalt von Politik und Korruption aus. Fragen sie doch Precious. Die kann leicht vor eine Waffe geraten.
Wie weit ist New York eigentlich noch von Mexiko entfernt, wo es die Kartelle sind, die die Bevölkerung während Corona mit Lebensmitteln versorgen. Nicht die Regierung.
„Brooklyn’s Finest“ – das ist wahrscheinlich der „Markenname“ des reinsten Cracks in der Stadt, zu einem anderen Ergebnis kann man eigentlich nicht kommen.
- Regisseur: Antoine Fuqua
- Drehbuch: Brad Kane, Michael C. Martin
- Wesley Snipes Caz
- Ethan Hawke Sal
- Will Patton Lieutenant Bill Hobarts
- Vincent D’Onofrio Carlo
- Richard Gere Eddie Dugan
- Don Cheadle Tango
- Lili Taylor Angela
- Robert John Burke Trooper Scarborough