Und wie ich nun werde zu Werk gehen müssen, diese süße, friedliche Eintracht der Seele mit ihrem Leibe zu stören? Welche Gattung von Empfindnissen ich werde wählen müssen? Welche wohl den Flor des Lebens am grimmigsten anfeinden? Zorn?
Räuber, Schiller
Rumble in the Dschungel
Rumble in the Dschungel – das Treibhaus
Romantik Verweser
Das Romantikmuseum (bitte zum Wörterbuch hinzufügen, Anm. d. Red.) in Frankfurt am Main ist geöffnet, (man stelle sich mal ein Romantikmuseum in Frankfurt/Oder vor, hä, hä, hä.) hurra. Schon seltsam, eigentlich muss man im Deutschland nur vor die Tür gehen und die Romantik ist allgegenwärtig. Leider wird in der Regel verschwiegen, welche Verbindungen es zwischen Nationalismus, Rassismus und der Vorstellung von imaginären, reinen Räumen immer schon gegeben hat. Auch die NPD ist gegen Atomkraft, denn sie gefährdet das gute deutsche Erbgut. Die deutsch-nationalen Romantiker haben in Form von diversen romantisierenden Jugendorganisationen schon früh damit begonnen, Bücher zu verbrennen, früher als die Nazis. Goethe und Schiller waren nicht dabei. Wir waren schon immer Schiller, Goethe war ein Trottel, aber das haben wir jetzt nicht gesagt, obschon Goethe, der gerade seinen eigene Sturm und Drang Phase, etwa mit 50 überwunden hatte, da nicht zimperlich war: „Schiller war mir verhasst““.
Die durchweg positive Rezeption der deutschen Romantik ist einer der schlimmsten blinden Flecke, wenn es um das NS-Regime geht. Dazu würden wir uns eine Ausstellung im Schatten der weniger romanischen Bankentürme wünschen. Ach ja – die Bankentürme sind sehr, sehr, gemein und der Römer ist so schön deutsch, dagegen. Armes Deutschland, dass du ein Romantikmuseum brauchst. Wir haben hier alles Wesentliche mal etwas erheiternd zusammengefasst, als Online-Freilichtmuseum. Man muss natürlich sagen, dass die Romantik eigentlich, im Gegensatz zu allen anderen Stilen, tatsächlich erst durch das Museum zur vollen Blüte kommt, für die anderen Stile ist das Museum der Einfall der widerlichen Kulturbürgermassen, der Friedhof, das Fanal. Also sei es drum – ein Museum für die Romantik, das ist der Romantik eigentliches Wesen, schon immer gewesen, also lassen wir sie, tä,tä, endlich verwesen – im Zorn, versteht sich.
Raüber, Schiller
Update 27.06.2021
Verwirrung perfekt machen
Gibts übrigens auch in praktisch jedem Ausland, und um die Verwirrung perfekt zu machen, nehmen wir mal den Wiener Kongress vom 18. September 1814 bis zum 9. Juni 1815. Nachdem Napoleon der Auffassung war, dass Europa eigentlich Frankreich ist, bedeutete seine Niederlage ziemliches Chaos – na ja – und irgendwie kamen da so rund 200 europäische Staaten, Herrschaften, Körperschaften und Städte, darunter alle bedeutenden Mächte Europas mit Ausnahme des Osmanischen Reiches zusammen. Jaha – das osmanische Reich. Die führende Rolle spielte Russland. Wie bitte Russland?
Na Ja – heute haben wir weltweit keine 200 Staaten und son Zeug, mit all den Fürstentümern und Sprengeln und Enklaven, war das damals auf dem Kongress wahrscheinlich noch viel mehr. Und bums nach dem Kongress waren es weniger, und alles war auch irgendwie umverteilt. Tja, und seltsamerweise begann das ganze Nationalismus und Volk Theater erst nach diesem Kongress so allmählich an Fahrt aufzunehmen.
1000 Jahre wird doch etwas kurz
Tja – 1000 Jahre wird doch etwas kurz, vor allem weil es die ganzen ewigen Aufteilungen der tollen reinen Völker so nicht gab. Man war eben Württemberger oder noch schlimmeres, gabs Württemberg da schon? Na, ja Baden bestimmt, sonst hätte die Kurpfalz ja nicht nach Bayern gehen sollen, halt war da nicht das Heidelberger Schloss von diesem senilen Sohn des Fürsten in spanische Hand gebracht worden, um die Spanier irgendwie gegen Bayern zu nutzen. Ne Quatsch mit den Bayern und dem neuen Schloss in Mannheim, auch nicht? Ich mein nicht Spanien, sondern das was damals zu diesem Dings gehörte.
Kohl kam doch von der anderen Rheinseite
Ich weiß es nicht, so ähnlich jedenfalls und Kohl kam doch von der anderen Rheinseite aus der Pfalz, das müsste seinerzeitig Frankreich gewesen sein. Und wer liegt in Speyer in der Krypta? Frankenkönige? Neiiiiiin. Urdeutscher Adel. Direkt daneben, ein echter Pfälzer, der es bei den Friesen immer besonders schwer hatte. Gut. Dass die sich in ihrem Friesland in der Rheinform befinden, so können sie ungestört Boßeln, außer die Westfriesen, die sind heute Niederländer, aber das ist ne ganz andere Geschichte. Und wenn ein Ostfriese nach Westfriesland pinkelt und der Wind kommt von Westen, dann prost.
Wo sollen die denn z.B. vor dem Wiener Kongress verlaufen sein?
Wo sollen die denn z.B. vor dem Wiener Kongress verlaufen sein? Wie vor dem 30-Jährigen Krieg? Oder wie bei den mehr als 100 Waldbewohner Stämmen, die sich ständig von Bäumen aus mit Scheiße beworfen haben? Außer die Friesen, die mussten erst Hügelgräber bauen, um sich von oben mit Schieße zu bewerfen, weil es keine Bäume oder Berge gab. Das alles während in Rom eine „Republik“ entstand? Von den Römern, keineswegs also als Eigenbezeichnung, wurden die Scheißewerfer*innen Germanen genannt. Ja, Ja sie haben römische Hilfstruppen, die vom dümmsten Kommandanten des römischen Reiches angeführt wurden, einmal geschlagen, vielleicht. Die Legionäre waren im Streik. Mit dem Sammelbegriff Germanen bezeichneten die Römer aber nur die schlimmsten Hill Billys, also was auf dem rechten Rheinufer lag, bis auf Kolonie Deutz, Hm? Nein auch nicht? Was denn dann? Christliches Deutschland, wahrscheinlich schon immer gewesen.
Excurs: Sklaven sind nicht gleich Sklaven
Die Idee vom homogenen Volk
Die Idee vom homogenen Volk ist ebenfalls ein Märchen, es kann dieses überhaupt nicht gegeben haben. Es ist aber wichtig zu verstehen, dass der echte seinerzeitige Nationalismus des 19. Jh ein fortschrittliches Propagandainstrument war, um sie Aufgabe einer Rationalisierung von Raum und infolgedessen eine Industrialisierung des Raumes zu erfüllen. Dabei ging es vor allem darum einen Raum zu schaffen, in dem der Kapitalist über eine bestimmte Menge Arbeitskraft verfügen kann, um diese nach homogenen „nationalen“ Prinzipien auszubeuten, ohne ständig an irgendwelche Grenzen des nächsten Kaffes zu stoßen. Das war auch erforderlich, damit die moderne Stadt als Aggregation eines ganzen regionalen Raumes entstehen konnte, Bündelung und Effizienz.
Die Bourgoisie hat den Nationalismus beerdigt um seine Mechanismen weltweit verfügbar zu machen
Das sieht natürlich heute anders aus. Und deshalb sind die Folgen eines heutigen Nationalismus anders. Wir sind in der Spätphase des Kapitalismus, das Zurückfahren des Nationalismus ist, ökonomisch gesehen, weit, weit fortgeschritten, lässt sich nur um den Preis des völligen Zusammenbruchs der Ökonomie zurückfahren. Die internationale Arbeitsteilung, sog. Globalisierung. Diese bedient sich ganz anderer Narrationen, sie propagiert den globalen gläsernen Konsumenten, was nicht zu verwechseln ist mit Internationalismus und einer internationalen Perspektive.
Der heutige Nationalismus bedeutet immer einen Rückgang des Industrialisierungsgrades, da seine Wurzeln, kurz vor der Industrialisierung liegen, kann seine identitäre Struktur nicht an die Globalisierung anknüpfen – bedeutet also auch ökonomischen Niedergang. Damit ist diese Form des heutigen Nationalismus ein (Retro) Reflex auf die beschleunigte Industrialisierung – die Digitalisierung. Ein äußerst plumper Versuch die Komplexität des postmodernen Kapitalismus auf seine romantisierte Frühform zurückzuführen.
Von den Gewinnern zu den Abgehängten
Das ist ebenfalls das Geheimnis warum diese ideologische Haltung von den historischen, bourgeoisen Gewinnern zum Subproletariat und der Schicht der Kleinbürger, mit unterem Mittelstand (kleinere vorwiegend analoge Unternehmen ebenfalls) überging. Insbesondere die Kleinbürger stehen zwischen Kapital und Arbeit, werden von beiden Seiten zwangsläufig unter Druck gesetzt. Beim ersten Aufkommen waren sie in Opposition zum Nationalismus, denn er war die Idee der Bourgeoisie und der Händler „Poahlbürger“, die Kleinbürger und Bauern wären lieber in den Fürstentümern geblieben. Was also interessant ist, ist wie die soziale Schichtung einer Ideologie wechselt, wenn sie nicht mehr im Interesse der Bourgeoisie liegt.
Fein differenzieren
Insoweit, muss man fein differenzieren, wie der alte Nationalismus, der ja Gegenstand von Überlegungen bei Marx, bei Lenin, bei Luxemburg war, eben eine positive Rolle im Sinne einer Industrialisierung spielte. Heute ganz ohne Frage eine Einstellung, die keine Zeit mehr hat und insoweit in den Bereich der politischen Spinnerei gehört. Daher weichen diese ganzen seltsamen Parteien und Gruppen auch beharrlich der Frage nach ihren ökonomischen und sozialen Grundlagen aus, sie haben keine, sie ersetzen diese mit aus dem 18. Jh kopiertem Kulturgeschrei, was keinerlei Bezug zur ökonomischen Realität hat. Witzig ist, dass verelendeten Kleinbürger sich eine eigentlich bourgeoise Haltung zur Nutze machen, um die „Elite“ (ihr Begriff für Bourgeoisie und was sie dafür halten) zu bekämpfen.
Zombie Jünger
Schauen wir auf die historischen Vorbilder der heutigen Nationalisten, findet sich u.A. Ernst Jünger. Es ist kein Zufall, dass im Ersten Weltkrieg, der den Beginn des Endes des bourgeoisen Nationalismus markiert, allmählich eine Veränderung des ursprünglichen Nationalismus überging. Er wurde durch Jünger in eine irreale, groteske, nutzlose und kleinbürgerliche Form überführt, schrittweise. Dieser von der Bourgeoisie also mehr und mehr abgelegte Nationalismus wurde zwischen den Kriegen radikalisiert und natürlich mit Murksel, dem großen Föhren, letztlich schon in seine kleinbürgerlich groteske Form (Chaplin) überführt. Aber noch von Teilen der Bourgeoisie unterstützt, während dieser Nationalismus in seiner fulminantesten und zugleich kleinbürgerlichsten Form schon von einer globalisierten Allianz bekämpft wurde, die schließlich in das multilaterale Konstrukt „Westen“ mündete.
Zwischen den Kriegen marginalisierte Kleinbürger
Zweifelsohne sprechen schon die durchweg zum unteren Mittelstand gehörenden Biografien der NS Größen eine deutliche Sprache, sie waren zwischen den Kriegen marginalisierte Kleinbürger, die sich als Helden gefeiert, aus dem Kriege kommend, im Elend fanden. Sowohl in der ökonomischen Praxis einer Staatskriegswirtschaft, wie in ihrem Habitus und ihrem Intellekt, äfften sie die Bourgeoisie nur mehr nach. Mit dem Kläffer Goebbels wurde das Ganze verkauft. Aber Hunde die Bellen …. dachte sich Churchill. Die echte Bourgeoise agierte hier schon im Hintergrund, sie war im ökonomisch zurückgedrängt, sie brauchten einen Popanz, um diesen Nationalismus überhaupt noch nutzen zu können. Und am Ende lagen sie in Trümmern, die globalisierte Allianz gewann und leitete die nächsten Schritte ein. Im Osten den globalisierten Staatskapitalismus, im Westen den globalisierten Privatkapitalismus, dann schließlich die Globalisierung. Ein nationalistischer Popanz hat heute keine Funktion für die Bourgeoisie mehr, mit Trump hat sie erlebt was passiert, wenn dieser doch auftaucht, es wird peinlich.
„Hegel bemerkt irgendwo, daß alle großen weltgeschichtlichen Thatsachen und Personen sich so zu sagen zweimal ereignen. Er hat vergessen hinzuzufügen: das eine Mal als große Tragödie, das andre Mal als lumpige Farce.“
– Karl Marx: Der achtzehnte Brumaire des Louis Bonaparte. New York 1852,




Der Berge sieben heben sich empor am Niederrheine
Der Berge sieben heben sich
empor am Niederrheine.
Es winden grüne Reben sich
um graue Felsgesteine
Wer mag von euch der schönste sein,
ihr mächtigen Gesellen?
Hell spiegelt sich der Drachenstein
in silberhellen Wellen.
Sankt Peter liebt’s in Frömmigkeit
mit Glockenhaut zu reden.
Wem wird denn wohl der Kranz geweiht?
Fürwahr ein Kranz für Jeden.
Doch wenn ihr nach der Größe fragt,
aus stolzen Buchenhallen
die Felsenhäupter überragt
die Löwenburg vor allen!
Emil Rittershaus (1834–1897)
Puh – die Lyrik, sagt mehr als tausend Worte.
Das waren noch Zeiten, als wir von den Männern mit den dicken Hornbrillen regiert wurden. Als das Rheintal bei Bonn noch das mächtigste Tal der Republik war. Als in den Weingärten und Gartenlokalen der zahlreichen kleineren Städtchen, rund um Bonn, der Geist des Riesling kein unerheblicher Teil der Außenpolitik war, nun ist es der Gin.

Da traf der Botschafter auf den Staatssekretär, um bei einem Viertel „das Diplomatische“ zu ergründen. Weinterrassen, bekiest, umrankt von wildem Wein, der sich um die feingliedrigen Ziergitter des Geländers schlingt. Sitzmöbel mit Metallrahmen und diesen geflochtenen, roten, blauen, gelben, grünen, elastischen Plastikbändchen. Als Schühchen schwarze Noppel.

Die Nibelungenhalle ist ein Reptilienzoo
Das regierungsamtliche Erholungsgebiet, dies war das Siebengebirge. Mit viel Pathos aufgeladener, weinseliger Sehnsuchtsort des 6oer Jahre Tourismus.
Siegfried und Drachenfels – die „Nibelungenhalle“ an der Strecke der Zahnradbahn, sie ist, natürlich, ein Reptilienmuseum. Sagen wir mal so, die Rheinländer pflegen von gewissen Mythen eigene Interpretationen, die bisweilen vor allem runder und weicher sind.

Dies ist gewissermaßen Teil der intellektuellen Strecke, die wir bei diesem Ausflugstipp zurücklegen wollen. Wer Kinder dabei hat, der sollte das ein oder andere Event entlang der alten „Zahnradbahn“ nicht verpassen. Ganz sicher lieben die Kleinen das Getier und bestimmt kann man ihnen die „Drachenburg“, jenen frisch sanierten Bau, errichtet 1882 bis 1884, als Dornröschens Märchenschloss verkaufen.
Der Kapitaladel
An der Grenze zum absoluten Kitsch hat hier ein Unternehmer, der Freiherr von Sarter , * 20. Dezember 1833 in Bonn; † 30. März 1902 in Paris, Finanzfachmann und Börsenspekulant seinen Traum vom Kaptaladel gebaut. Vielleicht gingen in dem Fall die Lehen an die Börse. Kam öfter vor. Die Guillotine kam in unseren Breiten ja seltener als man gemeinhin annimmt zum Einsatz. Was das Erben vereinfachte. Die Burg war indes von Beginn an eine Art Spekulationsobjekt, Sarter hat dort nie gewohnt, die Burg wechselte häufiger den Besitzer. Ganz früher ging das ja mit Belagern und Aushungern, später mit dem Makler.
Gründerzeit im Stil einer wildromantischen Fantasie, die sicher von den im Tal befiindlichen Fabriken und ersten Umweltskandalen ablenken sollte. Teilweise ist das Historismus, meist aber, sagen wir, individueller „Geschmack“. Bzw. Königlich.
1789
So ist die Drachenburg weniger eine Zeugin der Kunstgeschichte, als vielmehr ein Beleg für Stil und Geschmack der Superreichen jener Zeit. Aber auch dafür, dass so mancher Unternehmer, via Historismus, die Adelsgeschichte nachäffen wollte. Da war die bürgerliche Revolution von 1789 schon lange reaktionär und fad geworden. Es gab eben keine flächendeckende Geschichte der Bürgerlichen, dazu war diese Klasse viel zu jung, hatte kaum 100 Jahre auf dem Buckel. Also musste Geschichte eben ausgeliehen werden, um die Symbole der Macht, wie sie vom Adel bekannt waren, gleichsam zu reinszenieren. Ich sach nur Villa Hügel.

„Adolf-Hitler-Schule“ – auch das noch
Die Älteren werden sich vielleicht dafür interessieren, dass in der Drachenburg eine „Adolf-Hitler-Schule“ untergebracht war, die als Ersatz für die nie fertig gewordene Schule in Waldbröhl diente. 1941/42 wurde das „Schloss“ zu diesem Zweck umgebaut.
„Adolf Hitler Schulen“, das waren Elitebildungseinrichtungen. 1971 erwarb der Privatmann Spinat das Gebäude, dieser ließ es extravagant und fantasiebegabt umbauen. Schlussendlich ist die „Burg“ nun seit 1986 im Besitz des Landes NRW und steht unter Denkmalschutz. Die Burg wurde komplett und denkmalgerecht restauriert, kann nun unter fachkundiger Anleitung besichtigt werden. Ich glaube, die Besitzverhältnisse haben sich wieder geändert, ich habe aber gerade keine Lust das zu recherchieren, steht bestimmt im Netz.
Die Reichseinigung lag nicht lange zurück
Die Reichseinigung lag also nicht lange zurück, die gekünstelten Burgen und Schlösser feierten eine Geschichtsbezogenheit, die dem jungen Dland eine lange, kontinuierliche Tradition geben sollte. Diese hatte es in der nationalistisch-romantisierenden Form natürlich nie gegeben, dennoch unterstrich der Zeitgeist solche Vorstellungen.

Fuhr man von München nach Hamburg durchquerte man mehrere Zeitzonen, zahlte mit unterschiedlichen Währungen etc. Piefig, kaffig, eine kapitalistische, bürgerliche Entwicklung war so unmöglich. Also musste der politisch geeinigte Raum organisatorisch vereinheitlicht werden.
Dies braucht, neben dem politischen Willen, auch emotionale und scheinbar historische Bezugspunkte. Das imaginäre „ewige“ Deutschland, es musste erst erzeugt werden, ein Nationalbewusstsein installiert werden. Das schien am besten mit Nationalkitsch und Chauvinismus zu funktionieren. Tatsächlich gibt es kein deutsches Nationalbewusstsein, breiter angelegt, vor 1848. Wie hätte es dies auch geben sollen?
Ein Freilichtmuseum der nationalen Pubertät
Die gesamten Einrichtungen am Drachenfels gehen letztlich auf diese nationale Sehnsucht, inkl. Wagner, Nibelungen, etc. ein. Ein Freilichtmuseum der nationalen Pubertät, mit all den romantisierenden Anwallungen, die dies so mit sich brachte.


Das gesamte Gebirge, mit seiner zackig, schroffen Form, wie es sich aus der Ebene über den Fluss erhebt, passte perfekt in diese nationalromantischen Vorstellungen. Wenn es nicht schon da gewesen wäre, hätten sie es wahrscheinlich gefaked. Allein schon ums dem Franzmann zu zeigen. Hier waren auch Blicke entscheidend, was ebenfalls durch die Lage über der Rheinebene begünstigt wurde.
Wichtige Würze der Nationalromantiker – Preußisch Arkadien
Wichtige Würze der Nationalromantiker waren also Landschaften. Gerade diese so „unschuldigen“ Fake-Landschaften wurden von hoffnungslosen Romantikern immer wieder inszniert. Und tragen bis heute zu einem romantisierenden Blick auf die Natur bei. Ja sie suggerieren Landschaften, respektive „die Natur“ könnte eine Art Seele und Bewustsein haben, die für bestimmte menschliche Vorstellungen steht. Dies so bei einem Psychologen vorgetragen, die Einweisung dürfte nicht weit entfernt sein.

Der Rhein wurde zu dieser Zeit vom lästigen Fluss, von der praktischen Wasserstraße, zum Vater Rhein, zum Deutschen Sehnsuchtsort befördert und kanalisiert.
Der Kölner Dom ist in weiten Teilen als nationalistisch-romantisierendes und kriegsverherrlichendes Bauwerk konzipiert. Mit Goethes und Richters Unterstützung.
Auch der Kölner Dom ist in weiten Teilen zu dieser Zeit als nationalistisch-romantisierendes Bauwerk entstanden. Der Dom, der also kein „Mitteleiterwerk“ ist, spielte damit ebenso eine eigentlich politische Rolle. (In den Türmen, unsichtbar strukturell, seinerzeit modernster Stahlbau. Eigentlich sind die Türme die deutsche Fassung des Empire State Buildings, was ziemlich ernüchternd ist, denkt man an Google und Amazon.).




Zum Trost: Weltkulturerbe ist nicht der Dom, sondern die ganze Stadt, was die Kölner erst lernen mussten, von Böll und der UNESCO
Was bis heute, auch bei Kölnern für Verwirrung sorgt: Nicht der Dom selbst, sondern der Blick auf die Altstadtinsel, auf der er thront und weithin sichtbar ist, ist das eigentliche Kulturerbe. Na ja, seit den Verwicklungen um den LVR Turm (ausgerechnet, siehe Foto) dürfte dieser Sachverhalt nun selbst in Köln klar sein. Der Steinbruch für den Dom ist ebenfalls am Drachenfels zu finden, und klar, bei guter Sicht, da sieht man den Koloss auch von der Löwenburg aus. Ich persönlich würde den ja auf die Fassung vor dem Weiterbau zurückbauen, Kran inklusive. Das wäre dann tatsächlich interessant. Mal ehrlich, wertvoll ist doch der Chor, an den Rest muss man glauben.
Jenseits des ganzen nationalen Trubels ist die Naturlandschaft „Siebengebirge“ wunderschön.
Wie auch immer – jenseits des ganzen Trubels, und darum geht es in diesem Ausflugstipp eigentlich, erwartet uns im Siebengebirge immer noch eine beeindruckende Naturkulisse, die zu den schönsten der Rjeinlande zählt und ikonischer Teil des Rheinlandes ist. Tiefe Täler und ziemlich steile Auf- und Abstiege prägen diesen Mikrokosmos zwischen Königswinter und Bad Honnef. Das Siebengebirge ist vulkanischen Ursprungs. Wir schlagen vor, den Zug bis Königswinter zu nehmen und dann in Richtung Löwenburg durch das Nachtgallental zu wandern.



Zutiefst Westlich
Unterwegs kann man im „Milchhäuschen“ Rast machen, oder etwas oberhalb im malerisch gelegenen „Löwenburger Hof“. Ein Gasthof übrigens, der so manchen der Eingangs erwähnten Hornbrillenträger gesehen haben dürfte. Die Terrasse des Löwenburger Hofes ist unserer Meinung nach eine der schönsten des Landes, denn von ihr geht der Blick weit, sie atmet ganz und gar jene seltsame, zutiefst „westliche“, Wirtschaftswunderathmosphäre für die auch Bonn steht.
Doch dies ist nur ein Vorgeschmack auf die Aussicht, die uns erwartet, wenn wir nach einer kleinen Pause den Weg in Richtung Löwenburg fortsetzen.
Der letzte Aufstieg und die Dürre
Dieser letzte Aufstieg ist schon in Ordnung, aber schaffbar. Schließlich erreicht man die „Ruine Löwenburg“ und geht über eine Holztreppe auf den alten Bergfried – tja, und da steht man dann und weiß gar nicht so recht wie einem geschieht, denn es öffnet sich ein wirklich absolut atemberaubender Blick, der im Süden den Rhein entlang ins Mittelrheintal reicht, im Norden bis Köln (ja, Nerv, an klaren Tagen sieht man IHN, den Dom) und im Westen weit in die wunderschöne Eifel.

Das Besondere an dieser Situation ist, dass man das Gefühl hat, auf einem Plateau zu stehen, von dem es senkrecht in die Tiefe geht, ein Blick wie von einem Turm. Dort kann man dann den Picknickkorb aufmachen und loslegen. Mehr gibt es in diesem Ausflugtipp nicht, und ich meine, das dürfte auch für mindestens einen Nachmittag Corona-Holidays reichen.