„Verlassen wir dieses Europa, das nicht aufhört, vom Menschen zu reden, und ihn dabei niedermetzelt, wo es ihn trifft, an allen Ecken seiner eigenen Straßen, an allen Ecken der Welt. Ganze Jahrhunderte hat Europa nun schon den Fortschritt bei anderen Menschen aufgehalten und sie für seine Zwecke und seinen Ruhm unterjocht; ganze Jahrhunderte hat es im Namen seines angeblichen ‚geistigen Abenteuers‘ fast die ganze Menschheit erstickt. … Also, meine Kampfgefährten, zahlen wir Europa nicht Tribut, in dem wir Staaten, Institutionen und Gesellschaften gründen, die von ihm inspiriert sind.“
– Frantz Fanon 1961, Die Verdammten dieser Erde
Identitäre Politiken sind „klassenneutral“, was sie reaktionär macht
Eigentlich stehen wir diesem Thema aus vielerlei Gründen sehr kritisch gegenüber und würden es am liebsten nicht groß diskutieren. Das sagt schon die Überschrift. Daher diskutieren wir es nur um die Bedeutungslosigkeit aufzuzeigen und um uns von dieser Debatte um geraubtes Kulturgut zu distanzieren. Aber sei es drum.
Vor allem von linken identitären Positionen, die letztlich einen unreflektierten Begriff von Kultur pflegen, wird oft vergessen, dass die bei uns in Museen und Ausstellungen gezeigten Kulturgüter auch in ihren Herkunftsländern fast immer Symbole einer herrschenden Klasse oder wirrer religiöser Vorstellungen waren.
Nur allzu oft werden sie umgedichtet, als seien sie wichtiger Ausdruck der Identität von „Völkern“. Das bedient eine Vorstellung, die Volk als Klammer nutzt und nicht mehr danach fragt, welche Interessen innerhalb einer Volkskonstruktion diejenigen waren, die sich durchgesetzt haben und warum. Der Klassencharakter aller bisherigen und auch der heutigen Gesellschaften wird so zugunsten einer identitären Phraseologie verschoben. Das braucht niemand.
Gefährliche Schauen
Umgekehrt in den Kolonialstaaten, die sich mit dem Gut fremder Kulturen schmücken, um dadurch nachzuweisen, welche Wirkmächtigkeit die eigene Identität im globalen Maßstab hat. Auch hier also eine unkritische Übernahme von Codes und kulturellen Aneignungen, die aus der Aristokratie mit ihren Wunderkabinetten kamen.
Und selbstverständlich putzt die Frau aus der Türkei, gerne den Schatz von Troja. Sie wurde zwischenzeitlich ausgelagert an eine Zeitarbeitsfirma, weil der Senat keinen Tariflohn zahlen wollte. Nun soll sie am Wochenende, das Objekt, was sie putzt, bestaunen und als Ausdruck wovon genau verstehen?
Schade, dass die Clans keinen Kranwagen haben, dann könnte man den Scheiß direkt einschmelzen und auseinandernehmen und vom Erlös der Reinigungsfachkraft eine gute Rente zahlen. Was schauen wir uns da also an, was setzen sie uns einfach mal so vor die Nase, als sei es das natürlichste der Welt? Was sollen wir in Sanssouci genau bewundern, was hat dieser Bau für die Berliner wirklich bedeutet? Warum zahlen wir heute, um das so ungebrochen zu erhalten? In der Regel ohne jede Kontextuierung – Sanssouci – einfach schön, ja? Das ist ein Kindergarten, eine Rezeption für Leute, die nach dem 1000. Semester, die Schnauze immer noch nicht voll hatten. Die sich winden und ahlen in einer Pracht, die doch nur Leid und Elend gebracht hat. Arme Irre, die stets mehr weglassen, als hinzuzufügen. Im Grunde genommen ist ihr Expertenwissen auch genau das, sie tauchen immer tiefer in eine Welt ein, die immer wieder nur sich selbst bespiegelt. Wie im Spiegelsaal, aber dazu muss man schon nach Versailles. Bis schließlich jede reale Kontextuierung sofort alles zum Einsturz bringen würde, Lebenswerke, an die sie sich klammern, wie der Irre, der nicht begreift, dass es eine Welt außerhalb seiner Interpretation gibt. Es geht also in der Tat um ein kulturelles Framing und nicht um ein spezielles einzelnes.
Manifestation von Herrschaft
Das hat mit Kultur nichts zu tun, es ist auch keine Kunst. Es ist einfach nur die Manifestation von Herrschaft, die auch noch aus ihrem historischen Kontext herausgelöst und mit erratischen Argumentationen in einen anderen Herrschaftskontext überführt wird, und so stets weiter die eigentliche Funktion ungebrochen erfüllt. Denn auch heute sind derartige Bauten gerne Treffpunkt von Politik und Eliten, um genau dasselbe zu sagen, wie seinerzeit der Adel. Was mag das für eine tolle Kulturmacht gewesen sein, die diesen ganzen Müll nach Berlin geschafft hat?
Wow. Nur wo ist die Berliner Alltagskultur, wo ist die Kultur, in der die Reinigungsfachkraft lebt, wenn sie nicht den Dreck der Touristen und des letzten Staatenempfangs wegräumt. Wo ist die Evidenz? Es wird hier ein unverhohlener humanistischer Wissenschaftsbegriff zelebriert, der seine Zeit längst hinter sich hat. Er kann sich selbst nicht belegen und muss daher ständig auf Symbole zurückgreifen. Diese Stücke können ihrem Kontext nicht entkommen, sie sind gefährlich. Und diese Gefahr muss durch ernsthafte Kontextuierung gebannt werden, das ist die eigentliche Herausforderung, vor der man steht. Diese notwendige Kontextuierung ist Ergebnis von Empirik und Evidenz und nicht von humanistischen Träumereien. Damit ist sie das notwendige und fehlende emanzipatorische Element, die reale Demokratisierung.
Und dies ist der Gradmesser dafür ob Kultur emanzipatorisch oder als Reproduktion von Machtverhältnissen wirkt. Im Falle der SPK, ist das so klar wie Königsberger Klopse letzteres. Man hat mit dem Forum sogar eine gegenteilige Kontextuierung vorgenommen. Doch es kommt noch viel schlimmer.
Codes und Demokratisierung
Das ist nur sehr, sehr vordergründig eine Demokratisierung, wenn man heute ins Museum geht. Denn allzu oft wird der Oberklassenkontext der Rezeption immer noch gepflegt.
Die Documenta zeigt dieses ständige Affentheater der repräsentativen Herrschaftskultur ungewollt und unfreiwillig grotesk ebenfalls. Der Bundespräsident hält eine Rede, und stellt die Kunstfreiheit in den Mittelpunkt, obschon schon Staeck sich bei den Prozessen gegen seine Plakate auf die Meinungsfreiheit berufen hat. Die Kunstfreiheit ist nachrangig, sie ist eine aufgesockelte und aufgestelzte Freiheit, für wenige in einer kleinen Bubble. Das war das Wichtigste bei Staeck. Das ist emanzipatorisch, aber doch nicht Kunstfreiheit, das ist ein Elitecode. Scholz geht nicht zur documenta. Das sagt doch alles über eine Kunstausstellung, wenn es ausgerechnet diese komischen Vertreter der Politik sind, die dort offensichtlich nicht ihre sonstigen Absichten pflegen können. Also so schnell ist man jenseits von Gut und Böse und in einem Irrenhaus gelandet, wegen identitärer Politiken, die in diesem Fall klar antisemitisch sind. Aber machen wir uns doch nichts vor, jede identitäre Ansicht, muss, das ist ihre Konstitution, eine andere ausgrenzen. Das ist Anti.Emanzipatorisch, weil die Klassenfrage versteckt wird.
Damit wird letzten Endes auch mit den Stücken anderer Kulturen in der Tat jedoch stets mehr über die eigene Kultur gesagt, nicht über die Kultur der Massen, sondern über die ihrer selbst ernannten Elite. Und die existiert auch in Palästina und auch in Israel und im Tschad und Mali sowieso.
Das eigentliche Stück ist nur Beiwerk
Es wird als eine Bedeutung vorgemacht, die nicht wissenschaftlich ist, sondern gesellschaftspolitisch. Also kann man sich die reale Bedeutung der Stücke nicht aus ihrer visuellen Repräsentation ihrem Schmuckwerk erschließen. Sondern immer nur aus dem Kontext ihrer Entstehung und aus dem Kontext der Symbole auf den ja jedes einzelne Symbol, was jedes Stück ist, zurückverweist. Und es muss der Zugang, die Verwaltung und der sonstige Kontext der Präsentation in den Mittelpunkt. Das eigentliche Stück ist nur Beiwerk. Das ist die Realität, da mag jeder selbst beurteilen, wie diese Art von Museen und Schauen da heute aufgestellt sind. Ich meine, es geht fast immer noch, trotz aller Bemühungen, letztlich um das Stück und nicht den Gesamtkontext, das ist der eigentliche Fehler. Er ermöglicht die gesellschaftspolitische und damit kulturelle Aneignung, Aufladung anderer Kulturfragmente erst. Es sind nicht die rechtlich immer fragwürdigen Besitzverhältnisse oder eingebildeten singulären Bedeutungen.
Zunächst müssen also aus Stücken der materiellen Kultur Kontexte ihrer Bedeutung erschlossen werden, erst danach darf man das fragliche Stück als Stück sehen. Am besten stellt diese Aufbereitung die Bedeutung der eigentlichen Anschauung infrage. Heute läuft es außer bei der absoluten Avantgarde, also bei uns is ja klar, fast immer andersherum. Sowohl bei den Kolonialisten, wie bei den Kolonisierten.
Kolonialismus auf breite Kollaboration angewiesen
Auch wird oft vergessen, dass der Kolonialismus auf breite Kollaboration angewiesen war und ist. Die Länder wurden nicht einfach besetzt und dann brutal unterdrückt. Nein, es bedurfte der Kooperation mit der Oberklasse der jeweiligen Länder. Bis heute finden wird dieses Muster, etwa in vielen Staaten Afrikas. Nach der Unabhängigkeit sind jene, die schon mit den Kolonialisten kooperierten wieder die Profiteure und diesmal kollaborieren sie im Rahmen der Globalisierung. Meist würde man die Stücke an Kollaborateure und deren Strukturen übergeben, man gibt sie doch nicht dem „Volk“ zurück. Nicht mal das, muss man sagen, bei aller Unzulänglichkeit des Begriffes „Volk“.
Diskussionen einer kulturellen Elite
Es sind also ohnehin Diskussionen einer kulturellen Elite, die die Lebensumstände der meisten Menschen weder adressieren noch verändern. Auch in den Herkunftsländern feiert sich da nur allzu gern eine Elite und nur mit dieser Elite verhandelt auch unsere Elite über die Rückgabe – das ist ein Spiel, an dem man sich nicht beteiligen sollte.
Codex Dresdensis vs. „Schatz von Troja“ et. al.
Es ist unbedeutend. Wichtig ist, die Geschichte richtig zu berichten, und das hängt nicht am Besitz von Oberschichtpräziosen. Hinsichtlich der Quellen hängt es zu 99.9 % an Schriften und nicht an Grabbeilagen oder Gegenständen beliebiger Art. Diese reden nicht, auch wenn man sich das in der Archäologie gern einredet ;), also bleibt alles Interpretation und Vermutung, was nicht via Schriften kommt. Dann wird es erst spannend, denn Stücke können belegen, was in Schriften steht. Was hier also auch verloren geht, ist der den Historikern zu eigene Skeptizismus, was derartige Stücke überhaupt belegbar aussagen können. Etwa im Vergleich zu einer Urkunde oder einem anderen Dokument. Der Dresden Codex ist von überragender Bedeutung, aber wahrscheinlich weiß kaum jemand unserer Leserschaft, was es ist, im Gegensatz zur Nofrete, deren reale historische Bedeutung wesentlich geringer ist. Hm, na – warum ist das so? In der Öffentlichkeit ist es also leider geradezu andersherum und irgendwelche „Nofretetes“ werden zur Hauptquelle einer Zeit umgedichtet, weil sie so eine sensationelle Anmutung haben.
Die unreflektierte „alte“ Rechtslage, der neue/alte Fetisch der SPK
Häufig hört man, gerade auch aus dem Umfeld der SPK, etwa im Zusammenhang mit Schliemann, dass es auch Stücke gibt bei denen bereits ein rechtsstaatliches Verfahren stattgefunden hat. Was ja im Falle Schliemanns der wegen seiner Grabungen vom osmanischen Reich zu einer Geldstrafe verurteilt wurde, die er doppelt und dreifach beglichen hat, auch vordergründig der Fall zu sein scheint. Allerdings gibt es hier schwerwiegende Probleme und auch schwerwiegende Falschaussagen. Wenn man alte Rechtssprechung heranzieht, dann muss man stets auch nach der Autorität, die diese Rechtssprechung seinerzeit zu verantworten hatte fragen. Und man muss auch nach möglicher Korruption fragen und sonstige die reine Rechtssprechung beeinträchtigende soziale und politische Faktoren einbeziehen.
Dies ist ein elementares Rechtsgut
Dies ist ein elementares Rechtsgut, es muss abgewogen werden, ansonsten gerät man in ein banales und nicht angemessenes Fahrwasser. Die „Nürnberger Gesetze“, und viele andere Gesetze, haben viele Menschen ins Elend gestürzt, sie waren nicht rechtsstaatlich, obschon diese Gesetze des damaligen Deutschen Reiches waren. Das wäre das Extrembeispiel. Dann gibt es in Rechtsstaaten auch Entschädigungen und Rehabilitation, in Deutschland beim sogenannten „Schwuleparagrafen“ sogar innerhalb des Laufes der BRD.
Auch hier musste abgewogen werden, ob die damalige Rechtssprechung vertretbar war. Sie war es nicht, also wurde Rehabilitiert. Wenn die SPK argumentiert die Rechtssprechung unter anderem des osmanischen Reiches habe Schliemann ja das Graben nach Zahlung der Geldstrafe wieder erlaubt. So ist das natürlich völliger Unsinn und ganz klar eine Schutzbehauptung.
Dream-Team der Rechtssprechung
Hier muss mit der Revolution von 1789, ganz egal welche Urteile gefällt worden sind, von Staaten, in denen diese Revolution bis dato ausblieb, natürlich bereits ein Maßstab des römischen Rechts angelegt werden, wie er mit 1789 kam.
Es ist sogar noch pikanter, da ja eine koloniale Zusammenarbeit zwischen dem Unrechts“staat“ Preußen mit seinen Kaisern und dem Unrechts“staat“ Osmanisches Reicht, was nicht die heutige Türkei ist, vorlag. Also die Kumpanei von Preußen und Osmanen, die ja im 1. WK gemeinsam vermöbelt wurden, das alles nicht zu erwähnen, wenn es um die Bewertung von Urteilen und Rechtssprechung der Zeit geht ist an politischer und diplomatischer Dummheit nicht zu überbieten. Es stellt sogar eine Kontinuität her, die Weimar infrage stellt und die Wurzeln der BRD damit des GG. Denn es kann ja nicht mit der damaligen Rechtslage vor heutigen Gerichten argumentiert werden, wenn man diese Kontinuität nicht herstellt.
Aber dies nur am Rande, man darf jedenfalls nicht zu Ende denken, was derart flache Äußerungen auch von Spitzenbeamten der SPK, für Ketten auslösen könnten. Da sollte der Senat eingreifen.
Aus unserer Sicht sind diese Äußerungen nicht mit dem GG vereinbar, da sie die dunkelsten Kapitel deutscher Geschichte verharmlosen, wozu sicher die Reiche der Preußen zählten, und auch den Nationalsozialismus nicht vor seine preußisch, militaristische und nationalistische Kulisse stellen. Daher ungewollt und indirekt die verfassungsmäßigen Grundlagen der BRD infrage stellen, oder unbotmäßig gering schätzen, durch Relativierung von Rechtssprechung in historischen Unrechtsstaaten. Das sollte man sich definitiv anschauen, sonst machen wir es.
Um diese Frage zu beantworten, müssen selbstverständlich die Quellen und die Legitimation der damaligen Rechtsherren bewertet werden um zu einem Ergebnis zu kommen. Es muss immer mit geagt werden, mit welchen Staatskonstrukten man es zu tun hatte. Andernfalls gerät man ganz klar in das Fahrwasser, was auch viele Entschädigungszahlungen für Opfer des Nationalsozialismus erschwert hat.
Kontinuität des preußischen Unrechtsstaates? Wohl kaum.
Daneben wird durch derartige Linien die BRD direkt als ein Nachfolgestaat des preußischen Unrechtsstaates bewertet, denn ansonsten dürfte man ja nicht versuchen, den heutigen „Besitz“ mit dem damaligen Recht zu legitimieren. Wie man es auch dreht und wendet, das geht nicht. Das passiert sicher nicht in böser Absicht, aber es zeigt wie unzulänglich die Debatte ist und es zeigt, wie Eigeninteressen die reale Diskussion überlagern. Also muss man diese Institutionen bei diesen Fragen aufgrund von Befangenheit raushalten. Die UN ist hier das sinnvollste.
Die „damalige“ Rechtslage ist also eine von vielen Rechtsfragen, die abgewogen werden müssen, mit dem Blick von heute, durch Rechtswissenschaften und Geschichtswissenschaften. Nicht durch Archäologie, Ethnologie oder Museologie oder wie der Scheiß heißt, es kann auf keinen Fall einfach so getan werden, als sei damalige Rechtssprechung eben so gewesen. Schon garnicht können Hilfswissenschaften, hier das Zepter in der Hand haben. Das gilt natürlich nicht für die Ethnologie, sehr wohl aber für die Archäologie. Die nur Funde kennt und diese naturgemäß stets überbetont und darum herum mit den Schaustellungen sich ein eigenes Geschäftsfeld erschlossen hat, was in der Regel doch recht weit von der Geschichtswissenschaft entfernt ist. Das ist dann witzigerweise der doch recht eindimensionale Blick von SPK und der Archäologie, der dringend der Erweiterung aus den Geisteswissenschaften und der Geschichts- und Rechtswissenschaft bedarf. Darüber sollte der Senat auf jeden Fall nachdenken und verbindliche Sprachregelungen finden. Diese Diskussion kann rasant unschöne Folgen haben. Wie sie es in anderen Fällen schon hatte.
Die UN muss das Sagen haben
Umso wichtiger ist es, dass hier Rechtsfachleute der UN die Gewichtungen vornehmen und nicht kleine lokale Institutionen, die vor Eigeninteressen fast platzen. In jedem Fall sollte der Berliner Senat der SPK untersagen, das Recht des osmanischen Reiches weiter anzuführen um zu einer heute vermeintlich rechtsstaatlichen Aussage zu kommen. Das ist gefährlicher Nonsens und auch nicht Üblich in den Rechtswissenschaften. Dabei wollen wir es mal belassen.
Grabbeilagen
Grabbeilagen sind der Klassiker. Erst im Nachgang, in der Auseinandersetzung mit den kolonialen Vorgängen, werden sie umgedichtet zu einer identifikationsstiftenden Sache, die sie zu Realzeit der Objekte allenfalls für die Herrschenden waren.
Grabbeilagen, so sind diese oft das Ergebnis brutaler Auspressung der eigenen Bevölkerung. Also müsste auch hier zunächst eine Debatte um die reale Bedeutung der Stücke in der Herkunftskultur geführt werden. Davon zu unterscheiden sind Stücke, wie der Leichnam von Sarah Bartman, und viele ähnlich gelagerte Fälle. Das sind häufig Stücke, die eher in einen ethnografischen und ethnologischen Kontext gehören als in einen archäologischen.
Indiana Jones
In der Archäologie steht weniger Alltagskultur als vielmehr Herrschaftskultur im Mittelpunkt. Denn ein Fürstengrab kann man mit viel Gold und Kapriziösen finden, dies ist aber nicht hinreichender Ausdruck der jeweiligen Kultur, schon garnicht aus historischer Sicht, sondern eben ein Mosaiksteinchen, was in der Regel das Leben der Oberklasse zeigt. Davon kann nur mit vielen weiteren Quellen, vorwiegend Schriften, belegbar auf eine ganze Kultur geschlossen werden. Die Archäologie ist eine Hilfswissenschaft und leider wird allzu leicht angenommen, das, was gefunden wird, ließe ganz grundlegende Schlüsse zu oder sei ureigenster Ausdruck einer Kultur. Das ist in der Realität eher Indiana Jones als real. Damit sind im Kontext der Dekolonialisierung auf jeden Fall Fragen danach zu beurteilen, wie man sich zu Stücken stellt, die 1. der Oberklasse zuzurechnen sind und 2. bei Rückgabe wieder in den Oberschicht Kontext der heutigen Staaten einsortiert werden.
Wer geht schon ins Museum?
Damit macht man es so wie die Preußen, die mit diesen Fundstücken bis heute mehr über sich selbst als über die reale Kultur sagen. Insbesondere durch die staatstragende Präsentation. Diese Stücke tragen sowohl bei den Kolonialstaaten, wie bei den Herkunftsstaaten zu einer Konstitution von kultureller Staatlichkeit und Hegemonie bei, die in beiden Fällen eine narrative Schicht eröffnet, die den jeweiligen Staaten ein kulturelles Fundament geben sollen.
Gerade im Fall Schliemanns, der Troja eher zerstört hat, als es zu sichern, werden so auch Heldengeschichten erzählt, die wiederum vorwiegend über die Heldenhaftigkeit der preußischen Grabungen sprechen. Das ist Karl May.
Und so werden diese Stücke in den einschlägigen Museen auch präsentiert: Sie her welche Pracht doch diese Kultur hervorgebracht hat. Dies ergibt sich aus den wertvollsten Stücken selbst, ihre unkritische Präsentation als Ausweis einer Kultur verschleiert die Bedingungen ihrer Entstehung, die „Aura“ verdrängt den realen Kontext. Das geht so nicht weiter und es ist viel wichtiger als der Ort der Präsentation oder die Besitzverhältnisse. Denn diese Fehler der Vermittlung machen auch die heute Herrschenden der Herkunftskulturen, wie der kolonialen Kulturen. Auch kann die Rückgabe zum Fetisch von nationalistischen Bestrebungen werden. Insgesamt muss diese Frage wesentlich UN basierter diskutiert werden, es kann nicht sein, dass nur die Stimmen der Herkunftskulturen und der heutigen Besitzerkulturen dies unter sich ausmachen.
Es ist Aufgabe der UN hier Perspektiven zu eröffnen, die über den nationalen Belangen einzelner Nationen stehen. Dabei muss die Geschichte der Stücke und nicht das Stück selbst, was nur eine kleine Repräsentation von komplexer Geschichte ist, in den Mittelpunkt. Genau diese Vorstellung – die Nofretete oder die Pyramiden seien der entscheidende Ausdruck der archäologischen Erkenntnis und infolgedessen der entscheidende Ansatz für die Geschichtsschreibung, genau dies ist eine koloniale Interpretation von Archäologie. Dieses koloniale Verständnis von Wissenschaft hat eben einen Schliemann hervorgebracht. Genau das muss besprochen werden, die Stücke selbst sind nur das Ergebnis einer kolonialen Wissenschaft. Und da hat sich bis heute, nicht nur in der Archäologie, am wenigsten getan. Da ist es leicht und vielleicht sogar willkommen, nur über Stücke zu reden.
Der alte Irrwitz der Archäologie – von Schliemann bis Indiana Jones
Das ist der alte Irrwitz der Archäologie, die gern verschweigt, dass sie aufgrund ihres Hauptfeldes, fast nur besondere Stücke finden kann und diese gewissermaßen automatisch als ihren Kronschatz sieht. So werden die Funde Schliemanns immer noch als „Schatz von Troja“ bezeichnet, das sind Begriffsapparate, wie sie immer wieder zu hören sind, ebenso die Betonung von Gold und Geschmeide. Das alles sollte verschwinden und durch eine rationale und verwissenschaftlichte Sprache ersetzt werden. Schliemanns Ausgrabungsergebnisse aus Troja statt der Schatz von Troja.
Das ist eine aus dem Kern kommende falsche Vorstellung, die viel zu wenig hinterfragt wird. Aus dieser grundlegenden Problematik heraus gewinnt die Auseinandersetzung um einzelne Stücke erst ihre Bedeutung.
Eingebildete eine populistische Bedeutung
Das ist eine eingebildete eine populistische Bedeutung, die der Geschichtsschreibung so nicht hilft, was aber die eigentliche Aufgabe der Archäologie ist. Sie sollte sich endlich vom Glanz der Stücke verabschieden und zu ihrer eigentlichen Aufgabe finden, der Geschichtsschreibung belastbares Material zu liefern. Es sind Stücke also, die hüben wie drüben missbräuchlich verwendet werden, um eine bestimme Elitevorstellung von Kultur und deren Aneignungsprozessen zu betreiben.
Nofretete auf den Müll
Nofretete auf den Müll, darüber könnte man eher diskutieren, kleiner Scherz, aber diese kontextbezogene reale Verwendung von Stücken, im politischen und sozialen Kontext hüben wie drüben, die ist das Entscheidende.