Die Text zählt zu den Grundlagen der Zehn Gebote des Pop
Update:
Nein, wir leben nicht in wilhelminischen Zeiten, das ist ja alles längst ganz anders, wir sagen auch nicht mehr …. sondern …., denn wir haben verstanden! Das konnte ja keiner ahnen ….
1. Einleitung
1.1 Terminologie
1.2 Forschungsstand
2. Imagination und Repräsentation des Fremden
2.1 „Barbaren“ und „edle Wilde“ Die Repräsentation des kulturell Fremden bis zum 19. Jahrhundert
2.1.1 Weltbilder im Wandel
2.1.2 Die Darstellung des Fremden seit der Neuzeit
2.2 Kultur und Wahrnehmung
3. Das wilhelminische Deutschland
4. Der mediale Raum und die ihn bildenden Medien
4.1 Medien und Wahrnehmung
4.2 Medien und populäre Kultur
4.2.1 Medien in der industriellen Reproduktion
4.2.2 Populäre Kultur Konsum, Rezeption und Wahrnehmung
4.3 Visuelles Erleben
4.3.1 Ein neues Medium im medialen Raum: die Fotograf
4.3.2 Das echte Abbild: Die Fotografie im Dienste der Anthropologie
4.3.3 Ein Bild sagt mehr als tausend Worte Bilder sind Zeichen
5. Die Quellen
5.1 Bildzeitschriften
5.1.1 Die Gartenlaube
5.1.2 Leipziger Illustrirte Zeitung
5.1.3 Kolonie und Heimat
5.2 Sammelbilder
6. Die Inszenierung des „Anderen“ im medialen Raum des wilhelminischen Deutschland
6.1 Die Bühne ist bereitet
6.1.1 Wildnis versus Zivilisation
6.1.2 Reise
6.2 Die Requisite
6.2.1 Materielle Kultur
6.2.2 Fetisch
6.3 Die Darsteller
6.3.1 „Primitive“ und „Naturmenschen“
6.3.2 „Exoten“, das „gottgeliebtes Südvolk“
6.3.3 Die „Zivilisierbaren“
6.3.4 Die „Kannibalen“
6.3.5 Die „Teuflischen“
6.3.6 Die „Orientalen“
6.4 Die Geschichte
7. Fazit
8. Literaturverzeichnis
8.1 Primärquellen
8.2 Sekundärquellen
9. Abbildungsverzeichnis
Fußnoten
Die Externalisierung bereits vorhandener neuronaler Inhalte durch die massenhafte Verschriftlichung im Zuge der Industrialisierung führte zu einer Professionalisierung, die die Erzählweisen fundamental geändert hat. Es war die Zeit, in der sich die Medienlandschaft erst noch formierte. Dabei sind neue Rollen entstanden. Journalisten und Bildjournalisten haben eine Art Vermittlerrolle zwischen den Erzählungen und den Rezipienten eingenommen, die es in diesem Ausmaße vorher nicht gab. Es fand eine Industrialisierung des Erzählens statt. Der Aufbau der „Story“ war von der Frage nach möglichst hohen Auflagenzahlen der fertigen Produkte geprägt. Die Fotografie (später Film) hatte dabei eine entscheidende Rolle inne, die sich in der angesprochenen „visuellen Sucht“ der Zeit manifestierte. Bilder können wie kaum ein anderes Medium Emotionen freisetzen, da sie durch das, was nicht gezeigt wird, immer genug Spielraum für die eigene Interpretation zulassen. Komplexe Wirklichkeiten wurden auf ihren Symbolgehalt reduziert. Widersprüchliche Aspekte der Wirklichkeit wurden in hohem Maße ausgeblendet, wodurch das Symbol zu einer Ikone werden konnte.
1. Einleitung
Das 19. Jahrhundert war die Zeit der endgültigen Entdeckung und Eroberung der letzten „weißen Flecken“ auf der Weltkarte. Im späten 19. Jahrhundert wurde Deutschland eine Kolonialmacht. Diese Tatsache hat viel dazu beigetragen, dass die Auseinandersetzung mit den Fremden gerade in dieser Zeit im deutschsprachigen Raum eine Hochkonjunktur erlebte. Die Medien stürzten sich mit großem Interesse auf die außereuropäischen Gebiete, mit denen sich ein nationales Interesse verband. Das 19. Jahrhundert war auch die Zeit, in der sich Ethnologie und Anthropologie als „Wissenschaft vom Fremden“ (Kohl 2000) als eigenständige Disziplin etablierten. Der mediale Raum dieser Zeit wurde maßgeblich von den ethnologischen Repräsentationen der außereuropäischen Welt geprägt. Die Menschen verlangten nach einem „echten Abbild“ des Fremden. Der mediale Raum kam diesem Bedürfnis durch neue Fertigungstechniken nach. Es entstand eine Massenkultur. Industrialisierung und Urbanisierung waren die entscheidenden Voraussetzungen dafür.
Damit sind die Rahmenbedingungen für die Fragestellung diese Arbeit grob skizziert. Es ist die Frage nach der Wahrnehmung und Repräsentation des kulturell Fremden in der sich formierenden populären Medienkultur des wilhelminischen Deutschlands. Schon im Zuge der Entdeckung des amerikanischen Kontinents bewegten sich Wahrnehmung und Repräsentation des Fremden zwischen den Polen von Faszination und Abscheu oder Schrecken. Auch der mediale Raum des 19. Jahrhunderts war von dieser Dichotomie beherrscht. Zu keiner Zeit war die Fremde in den Vorstellungen der eigenen Welt ein realer Ort und die Bewohner waren keine realen Menschen. Vielmehr wurden sie aus dem Bedürfnissen der eigenen Kultur heraus erschaffen. Die massenhafte Reproduktion von Fremdenbildern führte zu einer Reduzierung des Fremden auf wenige prägnante Merkmale und Kennzeichnungen. Diese wiederkehrenden Zeichen und Symbole sollen dargestellt und ihrer Funktion für die eigene Gesellschaft aufgezeigt werden.
In dieser Arbeit wird einmal mehr der Blick des „Westens“ auf das Fremde gerichtet und damit eine eurozentristische Perspektive eingenommen.[1] Angesichts der Fragestellung scheint dieses Vorgehen berechtigt, da an keiner Stelle die reale Fremde Gegenstand der Arbeit ist, sondern immer eine imaginierte Fremde. Andererseits besteht die Gefahr eine erneute Konstruktion und Projektion zu betreiben, da auch der Repräsentation des Fremden ausschließlich durch die eigene Beziehung zum Fremden begegnet werden kann (Fuchs/ Berg 1995: 12). Die Repräsentation des Fremden soll dementsprechend nicht nach den Kategorien wie „negativ“ oder „positiv“, „gut“ oder „böse“ eingeordnet werden. Die europäische Auseinandersetzung mit den Fremden war geprägt von Kolonialismus und im späten 19. Jahrhundert von Imperialismus und den damit verbundenen Macht- und Abhängigkeitsverhältnissen, daran besteht kein Zweifel. Das europäische Bild vom Fremden war allerdings immer mehr als nur die reine Wiedergabe von Unterdrückung und Ausbeutung. Zudem sind es nicht einzelnen, voneinander zu isolierende Bilder und Vorstellungen, die zu einer Imagination des Fremden wurden und heute noch werden. Erst die Komposition der verschiedenen Einzelmotive lassen das Fremde als eine komplexe „Gegenwelt“ zur eigenen Welt entstehen.
Die Repräsentation des Fremden im medialen Raum des wilhelminischen Deutschlands soll in erster Linie anhand von Printmedien beleuchtet werden. Die Zeitschrift wurde ab den 1850er Jahren immer bedeutender und löste die Zeitung als „Schlüsselmedium“ der bürgerlichen Gesellschaft ab (Faulstich 2004: 60). Die ethnologische Fotografie war maßgeblich an der visuellen Umsetzung der Bilder vom Fremden beteiligt und wird in dieser Arbeit dementsprechend berücksichtigt werden. Eine Eingrenzung der Fragestellung findet in mehrere Richtungen hin statt. Das wilhelminische Deutschland ist der räumliche und zeitliche Bezugspunkt dieser Arbeit. Der mediale Raum wird ebenfalls weiter eingegrenzt. Das visuelle Erleben durch „neuen“ Medien wird in den Vordergrund gerückt. Es kann nicht darum gehen, eine vollständige Entschlüsselung aller Motive, Zeichen oder Symbole, mit denen das kulturell Fremde in Verbindung gebracht wurde, zu entschlüsseln. Vielmehr werden die wiederkehrenden Rollen, die das Fremde in den Vorstellungswelten breiter Teile der Gesellschaft einnahm, thematisiert. So werden die nordamerikanischen „Indianer“ als Beispiel weitestgehend ausgeklammert. Die deutschen Kolonien waren das zentrale Thema in der Auseinandersetzung mit dem Fremden und werden auch in dieser Arbeit im Mittelpunkt stehen. Das Bild der nordamerikanischen „Indianer“ wurde zum Ende des 19. Jahrhunderts vor allem über die Trivialliteratur verbreitet. „Groschenhefte“ und die Kolportage mit ihren Wild-Western-Geschichten waren hier die wichtigsten Medien.[2] Ebenso wird der Film keine Berücksichtigung finden. In der Inszenierung des Fremden und Anderen spielen die ersten Filme keine Rolle. Der Film blieb bis zum Ersten Weltkrieg in den Kinderschuhen stehen und galt als eher anrüchige Veranstaltung (Prokop 2001: 307).