Steinmeiers Rede auf der Kunsthandwerksmesse war okay.
Steinmeiers Rede auf der traditionellen Kunsthandwerksmesse, so muss man das aus postmoderner Sicht nennen, zeigte den unzureichenden Stand der NS Aufarbeitung, und einen merkwürdigen Begirff von „Kunstfreiheit“, darum geht es in einem anderen Text. Schon Klaus Staeck hat darauf hingewiesen, dass die Kunstfreiheit geringer zu schätzen ist als die Meinungsfreiheit. Den Aktivismus hat auch nicht Beuys erfunden, sondern Duchamp, und Beuys hat lediglich wirres religiöses Zeug zu Aktivismus erklärt, da ist er der documenta nahe, das stimmt. Die Kunstfreiheit ist die Freiheit in einer gesellschaftlichen Randzone, die Meinungsfreiheit ist der Kern von allem. Ich mein heute käm niemand darauf, dass die SPD den Arbeitern die Villen klaut, in Ermangelung von Villen. Und heute reden alle übers Wetter, nur wir nicht, wir reden vom Klima. Amen.
Aber die Rede bedient noch zu sehr das staatstragende der leeren Gedenkkultur, die auch die Verwerfungen auf der Messe überhaupt erst ermöglichte. Israel – ein Mensch soll eine plausible Alternative zu diesem Staat darlegen. Niemand kann das, denn Israel ist kein Wunschkind, kein Imperialismus und Kolonialismus, kein Zionismus, es ist der einzige Hafen, die Rettung, von da aus kann man weiterdiskutieren. Oder man sagt gleich – egal – lasst sie alle verrecken. Die eigene Unterdrückung befreit nicht von Verantwortung, erlaubt es nicht, das eine gegen das andere auszuspielen, vorwiegend dann nicht, wenn man mit seinen Anliegen erfolgreich sein will. Als Arafat das bemerkte, da war er plötzlich tot. Und das Unheil nahm seinen Lauf. Wer nicht sieht, dass der religiöse Fanatismus alles nur zerstören kann, der soll sich Orthodox nennen, es interessiert keine Sau, ob er dann Christ, Muslim oder Jude ist, weil die Orthodoxie sie gleich schaltet.
8.Mai – Dieser Gedenktag zeigt vorwiegend eins: Geschichte verläuft nicht in Gedenktagen, sie ist ein Prozess. Der politisch getriggerte Verlauf in Form von Gedenktagen ist eine rein politische und nicht historisch angemessen Würdigung. Er soll suggerieren, die Politik hätte Kontrolle über den Verlauf der Geschichte, dies ist so nicht der Fall.
Weiter sind Gedenktage nicht die Kränze wert, die abgeworfen werden, die Geschichte beweist es.
Der Ukrainekrieg ganz besonders.
Wir müssen zu dynamischem und prozessualem Gedenken und zu einer dynamischen Wahrnehmung der Geschichte kommen. Weizsäcker lag völlig falsch. Dafür steht Israel. Es ist an Zynismus nicht zu überbieten, dass diese Form des 8. Mai, ausgerechnet vom heuchlerischen Weizsäcker aus Eigennutz getriggert, immer noch so begangen wird.
Staatstragendes Gedenken bringt stets den nächsten Krieg und den nächsten Faschismus. Das gilt auch für Stolpersteine und Co. Bedeutungslos im Ozean der Geschichte. Es gibt keine Marken, es gibt nur Prozesse und einer triggert immer tausend andere. Es gibt keine klaren und scharfen Bilder, in der Geschichte herrscht das Grau. die Unschärfe.
Es gibt kein Innehalten, es gibt keine Pausen, Geschichte ist atemlos.
8. Mai – Damit fing der Krieg allerdings erst richtig an. Nachdem die lästigen Nazis sich selbst besiegt haben, unterstützt von einer in Trümmern liegenden „Zivilbevölkerung“ – konnte man sich endlich wieder den wichtigen Kriegsschauplätzen zuwenden. Der Krieg – der fing gerade erst an. Nur die Deutschen dachten, er wäre aus, weil sie ja so wichtig sind, dass ihr dummer Frieden über alles geht, wie vorher Deutschland.
8. Mai – Die Nukleare Abschreckung hat nur im reichen Nordwesten und Nordosten funktioniert, bis heute wird die Welt mit Stellvertreterkriegen überzogen, Syrien, Aspekte des Ukrainekrieges – wir sind so weit vom Weltfrieden entfernt wie eh und je. Das Ende der Judenverfolgung, die meist eine Verfolgung von deutschen Staatsbürgern war, brachten nicht die Amerikaner oder Briten, sondern Israel, was zunächst einen sehr eigenartigen Unabhängigkeitskrieg gegen die Briten führen musste.
Die Exodus ein Schiff mit jüdischen Geflüchteten durfte nirgendwo anlegen, als es nach einer Irrfahrt schließlich in Hamburg anlegte, wurden die Passagiere durch die britischen Truppen in ein Internierungslager bei Hamburg verbracht. Kein Todeslager, das ist klar, aber es muss kaum erläutert werden das Frieden unter diesen Bedingungen eine nicht zutreffende Vokabel ist. Das setzte die Nah Ost Spirale in Gang und übergab das Leid an Palästina und Israel. Aber das setzte sogleich neue Spiralen in Gang. 8. Mai einer der heuchlerischsten Gedenktage überhaupt, es ist ein nationalistisches Gedenken, was den Deutschen Entlastung bringen soll, und zugleich erneut ihr Schicksal als den Nabel der Welt darstellt. Bis heute resultieren aus diesem Unsinn und dem mangelnden pazifischen Verständnis vollkommen esoterische Politiken und hanebüchene Vergleiche, wie bei der Bombardierung Belgrads. Der 2. Weltkrieg, das war auch aus Sicht der Alliierten kein Krieg um die Freiheit zu bringen, oder die Judenverfolgung zu beenden. Sowohl hinsichtlich seiner Implikationen, wie hinsichtlich seiner Ergebnisse, war er der Versuch eine Weltordnung zu schaffen, um die offenen Enden des ersten kolonialen Weltkrieges zu schließen. Das ist gründlich daneben gegangen.
Der angebliche Frieden des Kalten Krieges war keiner. Er galt immer nur für den reichen Westen und wenige Teile des besetzten Ostens Europas. Er ist mit dem Ukrainekrieg erneut, auch in Europa, in sich zusammengebrochen – trotz EU und Co..
Wir leben weiter in der Zeit des großen kolonialen Krieges, weil der Kapitalismus seit dem Black Friday nicht mehr ohne Krieg existieren kann. Und die Grenzen verlaufen immer noch zwischen Oben und Unten und nicht zwischen den Menschen. Gedenken für die Katz, für wohlmeinende Kleinbürger, die stets hoffen, etwas sei eines Tages mal abgeschlossen und müsse dann mit Gedenken beerdigt werden.
Sie beerdigen jedes Mal die Realität, die sie nicht sehen wollen und zugleich, auch, durch die Sinnlosigkeit ihres leeren, symbolischen Gedenkens erneut heraufbeschwören. Weil in ihrem Vorgarten mal ausnahmsweise keine Leichen verwesen, vergessen sie gleich den ganzen Lauf der Geschichte.
Doch, wenn Israel morgen aufhört zu existieren, dann geht für die jüdischen Menschen alles von vorne los. Nichts ist geklärt, nichts ist beendet – alle Wunde sind offen. Und die Stolpersteine, sie bluten und sind leeres Zeichen eines leeren Gedenkens. Und eines Tage gibt es keine normalen Pflastersteine mehr, und alle Städte haben ein goldenes Pflaster mit Namen darauf und dann wird das Blut einfach nur besser abfließen, weil die Legierung weniger porös ist als Stein. Stolpersteine nur als Beispiel, ich mein, wer so eine plumpe Form des Gedenkens wählt, anstatt den Pflasterstein in die Hand zu nehmen, der braucht sich um Spott keine Sorgen zu machen. Denkt es zu Ende. Es müsste so kommen, dass es keine nicht Stolperpflastersteine mehr gibt. Wo sind die Grenzen? Wo ist der Stolperstein für die ermordeten Geflüchteten seit 1989? Wo ist der Unterschied, wo ist die Grenze zwischen Opfern, all diese unappetitlichen Fragen darf man nicht stellen, ansonsten funktioniert dieses Gedenken schon a priori nicht. Also ein Gedenken mit Schatten im Denken, das braucht niemand.
Der Krieg ist aus. Na klar. Wehrmachtsbericht halt – weiß doch jeder, dass die nur Scheiße erzählen.